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Donnerstag, 5. Mai 2022

Baldin Möllhausen: Erzählungen illustriert von Wilhelm Bröker

 Wilhelm Bröker (* 6. Februar 1848 in Berlin; † 25. Juli 1933 in Bad Kösen) war ein deutscher Landschaftsmaler und Zeichner. 

Bröker kam über den Holzschnitt, den er bei Moritz Müller in Berlin studierte, und die Lithografie um 1880 verstärkt zur Malerei. Als Landschaftsmaler malte er detaillierte Stimmungslandschaften in Öl, Pastell, Kohle und Kreide, die stilistisch der Paysage intime zugeordnet werden. Daneben schuf er auch Radierungen solcher Motive. Bröker war ab 1870 auf den Ausstellungen der Berliner Akademie vertreten und war Mitglied im Verein Berliner Künstler. Ab 1907 war Bröker in Kösen ansässig.   (Wikipedia)

 
Selbstporträt Wilhelm Bröker 1908
 

Das Squattermädchen (1880)




Die beiden Männer antworeten nicht gleich. Es überraschte sie offenbar, in der Reieterin ein schönes, sonnenverbranntes Mädchen von höchstens zwanzig Jahrenzu erkennen, welchem jungfräuliche Scheu in ihrem Kampf mit Furchtlosigkeit und Trotz einen eigenttümlichen Reiz verlieh.

 

Vor der Tür seiner Blockhütte auf einer roh gezimmerten, mit dem Erdboden vereinigten Bank sass die eisenharte, zähe Squattergestalt, die brennende Tonpfeife im Munde, die Blicke dahin gerichtet, wo zwei Stiere, vor kurzem aus dem Pflugjoch entlassen, der abwärts grasenden Heered gemächlich entgegenweideten. Einige Schritte von ihm, unter einem von der Axt verschont gebliebenen Zuckerahorn, brannte das Küchenfeuer. Ein vierzehnjähriger Bursche war vor demselben mit der Zubereitung der Abendmahlzeit beschäftigt.

 

...und da Wendworth, anstatt etwas zu erwidern, ihn fragend anschaute, fuhr er fort: "Bei Jingo, Mann, Schlimmeres, sage ich, die Feldmesser und Kettenträger sind da und ziehen ihre Linien auf Tagesreisen im Umkreise."


Sie lenkte ihr Pferd neben Thomas hin, beugte sich zu ihm nieder, und den Arm um seinen Hals legend, presste sie ihre Lippen flüchtig auf die seinigen.


...und bevor jemand seine Absicht erriet, flog die Büchse an seine Schulter und gleichzeitig krachte der Schuss. Schrecken bemächtigte sich aller Anwesenden, als Blairs Pferd mit dem Vorderkörper hoch emporschnellte und sich rückwärts überschlug.


"Bevor wir ums Mein und Dein rechten," begann er eintönig, ist's notwendig, ein Wort über Familienangelegenheiten auszutauschen....


Er kam nicht weiter. Jessie, nicht länger im Zweifel über die Sachlage, war glühendes Antlitzes und mit fliegendem Haar in den Kreis getreten.


"So bist Du dennoch meine Schwiegertochter geworden?" brachen bei diesem kindlichen Entgegen- kommen die milderen Gefühle des verhärteten Geschäftsmannes sich Bahn...


Die Erlenschmiede (1881)


Die Erlenschmiede

"Also mit Gunst, Meister!" rief der eine Wanderer, ein kräftiger blonder junger Mann mit rötlichem Vollbart lustig aus, indem er dem Angeredeten zum Gruss die Hand bot...


Der unheimliche Schrecken war ihm wohl in die Glieder gefahren, dass er so lange atemlos, wie er sagte, aushielt, und als er sich endlich aufraffte, entdeckte er dieselbe weisse Gestalt - der Anton meint, sie habe sich in ein Leichentuch eingehüllt gehabt - wie sie hoch oben aus dem Mauerwerk auf die morsche Brücke hinausglitt.


Dann aber war sie zur alten Barbara herumgeeilt, um ihr Herz bei ihr zu erleichtern. "Er folgt unseren Spuren - ich habe ihn gesehen," sprach sie unter hervorbrechenden heissen Tränen, "ich erkannte ihn an seiner Haltung, an seinem Gange trotz des Zwielichtes, trotz des strömenden Regens...


"Es sind erst achtzehn Monate," fiel Hanne spöttisch ein, als hätte es sie gekränkt, von dem finsteren Gesellen einen Heirats-Antrag zu erhalten. Anton erbleichte. Knirschend presste er die Zähne aufeinander.


Auf dem Umwege durch den Wald nach der Schmiede erreichte er kaum die abgelegenste Grenze des Gartens, als er den unter dem Apfelbaum rastenden Franz entdeckte. Aus der Richtung seiner Blicke erriet er, dass er auf Hannchen wartete....Hätte er aber noch Zweifel über die zwischen ihr und Franz schwebende Beziehungen gehegt, wie er diesselben sich ausmalte; nachdem er die unzweideutige Verabredung erlauschte, waren sie bis auf den letzten geschwunden.


Der erste Stoss, welchen er, seitwärts ausholend, mit dem schweren Holz nach den nächsten Schlussstein führte, belehrte ihn, dass derselbe ein wenig nach innen wich, zugleich auf der andern Seite zwei Nachbarsteine um eben so viel hinaustrieb. Leichter, als er erwartet hatte, gelang es ihm nunmehr, das mit so viel Überlegung eingeleitete Zerstörungswerk fortzusetzten.


Ein eingentümlich scharfes Knirschen war zu den drei Gefährten herabgedrungen. Sidonie warf die Arme empor. Eine krampfhafte Bewegung verriet, dass sie das Gleichgewicht verloren hatte.


"Vater!" rief sie aus, wie um ihn liebevoll vorzubereiten, "ein Unfall betraf mich, jedoch nicht ernsterer Art - "


die Tochter des Lumpensammlers (1882)


Wohl fünf Minuten dauerte es, bevor Fenchel mit den Hunden erschien, und sich des verschossenen olivenfarbigen Flauschrockes und der wasserschweren Stiefel entledigte. Dann sich vor seiner Schüssel niederlassend, begann er mit grossem Behagen zu essen. "Ist jemand hier gewesen?" fragte er nach einer längeren Pause wie beiläufig. "Keine Seele," antwortete Sibylle eintönig und ohne von ihrer Arbeit aufzuschauen.


Schwer warf er sich Fenchel gegenüber auf einen Stuhl, und wie um ein Versäumnis einzuholen oder einen Entschluss nicht wankend werden zu lassen, hob er mit fieberhafter Hast an: "Ich brauche Geld, mehr Geld, als Sie vielleicht erwarten. Helfen Sie mir nicht, so bin ich verloren."


"Sibylle!" tönte es ihr aus verschiedenen Richtungen in unverkennbar freudigem Erstaunen entgegen, "in aller Nacht und bei solchem Wetter!"...."Was ist vorgefallen?" rief eine alte Frau aus, indem sie die Lampe vom Tisch nahm und Sibylle beleuchtete, "Gott soll mich bewahren, es hat ein Unglück gegeben!"

...und gleich darauf wurden sie auf der Strasse von dem Sturm in Empfang genommen. Wie durch dessen Gewalt des Atems beraubt, säumten sie ein Weilchen, bis Sibylle den ihr gebotenen Arm annahm und sie mit gemässigter Eile ihren Weg dicht an den Häusern hin suchten.


...erschien dein Vater auf dem Flurgang, und fast gleichzeitig kam der junge Herr die Treppe herunter Er sah noch verstörter aus als damals. Auf der untersten Stufe spähte er scheu um sich, bevor er sich deinem Vater näherte und ihn leise um etwas befragte.

Unter ihren Händen öffnete sich der Schreibsekretair, und vor ihr lag Alles, was Fenchel als sein Heiligtum betrachtete.


Der Inspector zögerte mit einer Antwort. Er mochte sich überlegen, in wie weit es ratsam für ihn selber sei, dem Ansinnen zweier ihm vollständig fremden Menschen nachzugeben. Dabei sah er fortgesetzt in das Buch, wie mit dem Lesen einzelner Notizen angelegentlich beschäftigt.


"Fenchel," wollte er ausrufen, doch aus dem flüsternden, zischenden und röchelnden Tone hätte er selber seinem Namen nicht herauserkannt. "Sibylle!" versuchte er aufs neue und wiederum vergeblich "Wasser!" Ein dumpfer Schrei des Entsetzens entwand sich seiner Brust, und schwer schlug er auf dem Fussboden nieder.


Schwerfällig liess er sich auf den Stuhl nieder, diese durch eine Handbewegung auffordernd, ihm gegenüber Platz zu nehemen.


"Herr Lienhard," hob sie an, und heisse Trönen entstürzten ihren Augen, " ist es denn nicht ein Segen, ihre Tochter, die Frau Ihres Sohnes, die Mutter Ihres Enkelchens zu begrüssen?"



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