Richard Gutschmidt (* 11. Mai 1861 in Neuruppin; † 3. Februar 1926 in München) war ein deutscher Maler, Buchillustrator und Grafiker.
Bekannt wurde er 1902 als erster deutscher Illustrator der Sherlock-Holmes-Geschichten.
...trat mit dem Stock ans Fenster und untersuchte ihn noch einmal mittels einer Lupe.
Es war ein sehr großer, dünner Mann mit einer großen schnabelförmigen Nase, die zwischen zwei scharfen, dicht zusammenstehenden grauen Augen hervorsprang. Diese Augen sah man durch die Gläser einer goldenen Brille funkeln. Die Kleidung war im Schnitt seinem Stand entsprechend, jedoch ziemlich abgetragen; der Gehrock hatte blanke Nähte und die Hosen waren unten ausgefranst.

Holmes streckte die Hand nach dem Manuskript aus und breitete es auf seinem Knie aus.
»Du wirst bemerken, Watson, daß der Buchstabe s abwechselnd lang oder kurz geschrieben ist. Das ist eine von mehreren Indikationen, die es mir ermöglichen, die Entstehungszeit zu bestimmen.«
Doch nicht der Anblick ihres Leichnams, auch nicht der Anblick des Leichnams von Hugo Baskerville war es, was diesen drei gottlosen Wüstlingen das Haar emporsträubte. Aber über Hugo, dessen Kehle zerfleischend, stand ein grausiges Wesen, eine große schwarze Bestie von der Gestalt eines Hundes, nur viel größer als jeder Hund, den je eines Sterblichen Auge erschaut hat. Und vor ihren entsetzten Augen riß das Tier dem Hugo Baskerville die Kehle auf, dann sah es mit triefenden Lefzen und glühenden Augen auf die Reiter; diese aber stießen ein gellendes Geschrei aus und sprengten, als gälte es das Leben, fortwährend schreiend über das Moor zurück. Einer, so erzählt man, starb noch in selbiger Nacht von dem Anblick, die anderen zwo aber waren gebrochene Männer für den Rest ihrer Tage.
Endlich untersuchte ich sorgfältig den Leichnam, der bis zu meiner Ankunft unberührt liegen geblieben war. Sir Charles lag mit dem Gesicht nach unten, die Finger in das Erdreich eingekrallt, und seine Züge waren von einer ungeheuren Erregung so furchtbar verzerrt, daß ich kaum darauf hätte schwören können, es sei wirklich mein Freund.
Er kritzelte die Verabredung auf seine Manschette und rannte in seiner sonderbaren, zerstreuten Art aus der Tür.
»Ja, ich habe den Tag über viel daran gedacht. Der Fall ist sehr dazu angetan, einem den Kopf zu verwirren.«
»Ja, er ist von ganz eigener Art. Er bietet etliche außerordentliche Punkte: die Veränderung der Fußspuren zum Beispiel. Wie erklärst du dir diesen Umstand?«
»Mortimer sagte, der Mann sei in jenem Teil der Allee auf den Fußspitzen gegangen.«
Er prüfte den Bogen mit den aufgeklebten Wörtern noch einmal sorgfältig, indem er ihn ganz nahe vor die Augen hielt.

Einen Augenblick darauf ließ er einen Ausruf der Befriedigung hören; ich folgte seinem schnellen Blick und sah, daß eine Droschke, in der Mann saß, von der Stelle auf der anderen Straßenseite, wo sie gehalten hatte, jetzt langsam weiter fuhr.
»Das ist unser Mann, Watson! Vorwärts! Wenn wir schon nicht mehr tun können, wollen wir ihn uns wenigstens genau ansehen.«

Wir waren oben an der Treppe auf Sir Henry Baskerville gestoßen. Sein Gesicht war dunkelrot vor Zorn, und in der Hand hielt er einen staubigen alten Schuh.

»Nun, Clayton, sagen Sie mir alles, was Sie von dem Mann wissen, der heute morgen um zehn in Ihrer Droschke hier nahe bei meinem Haus wartete und Sie nachher die Regent Street hinunter hinter den beiden Herren herfahren ließ.«
Der Mann war verdutzt und wurde ein bißchen verlegen.
»Na,« sagte er nach einigem Besinnen, »da hat's wohl nicht viel Zweck, daß ich Ihnen Geschichten erzähle. Denn Sie wissen ja wohl schon so viel davon wie ich selber. Die Sache ist die: Der Herr sagte mir, er wäre Detektiv, und ich dürfte keinem Menschen was über ihn sagen.«

Ich blickte noch einmal zum Bahnsteig zurück, als wir schon weit weg waren, und sah Sherlock Holmes' große, ernste Gestalt regungslos dastehen und uns nachstarren.

Barrymore war wieder eingetreten, nachdem er das Gepäck auf unsere Zimmer befördert hatte. Er stand jetzt in der unterwürfigen Haltung eines gut erzogenen Dieners vor uns. Ein auffallend hübscher Mann, groß, stattlich, mit einem breit abgeschnittenen Kinnbart und blassen, edel geformten Zügen.
»Wünschen Sie, daß das Essen sofort aufgetragen wird, Herr?«
Plötzlich wurde ich in meinem Nachdenken gestört, indem ich hinter mir schnelle Fußtritte und eine Stimme hörte, die meinen Namen rief. Ich drehte mich um, in der Erwartung, Dr. Mortimer zu sehen, zu meiner Überraschung aber war es ein Unbekannter, der mir nachlief. Es war ein kleiner hagerer Herr mit einem zarten, glattrasierten Gesicht, flachsblond und hohlwangig, dreißig bis vierzig Jahre alt, mit einem grauen Anzug und Strohhut bekleidet. Eine Botanisierbüchse hing über seiner Schulter, und in der einen Hand trug er ein grünes Schmetterlingsnetz.
Ich konnte nicht daran zweifeln, daß ich Fräulein Stapleton, von der ich schon gehört hatte, vor mir sah; denn Damen mußten überhaupt sehr selten auf dem Moor sein, und ich erinnerte mich, daß von ihr als einer Schönheit gesprochen wurde. Eine Schönheit war die auf mich zukommende Frau ganz sicherlich, und zwar eine Schönheit ganz eigener Art.
Ich ging den grasbewachsenen Fußweg, auf dem wir gekommen waren; es mußte aber wohl noch einen kürzeren Weg geben, der den Eingeweihten bekannt war; denn bevor ich die Landstraße wieder erreicht hatte, sah ich zu meinem Erstaunen Fräulein Stapleton auf einem großen Stein neben dem Fußweg sitzen. Ihr Gesicht war von eiligem Lauf gerötet, wodurch sie übrigens noch schöner erschien, und sie hielt ihre Hand auf das Herz gepreßt.
»Ich bin den ganzen Weg gelaufen, um Sie zu überholen, Herr Doktor,« sagte sie. »Ich hatte nicht mal so viel Zeit, um mir meinen Hut aufzusetzen. Lange darf ich mich nicht aufhalten, sonst würde mein Bruder meine Abwesenheit bemerken. Ich wollte Ihnen sagen, wie leid mir mein dummes Versehen tut, daß ich Sie für Sir Henry hielt. Bitte, vergessen Sie meine Worte, die für Sie durchaus keine Bedeutung haben.«

Gegenwärtig hat er eine sonderbare Beschäftigung: er ist Amateur-Astronom und besitzt deshalb ein ausgezeichnetes Fernrohr. Mit diesem liegt er nun den ganzen Tag auf dem Dach seines Hauses und sieht auf das Moor hinaus in der Hoffnung, den entsprungenen Zuchthäusler zu entdecken.

Er war viel näher bei dem Paar als ich und ging scheinbar auf sie zu. In diesem Augenblick zog Sir Henry Fräulein Stapelton an seine Seite. Sein Arm hielt sie umschlungen, aber mir schien, daß sie sich mit abgewandtem Gesicht losmachen wollte.
Wir hatten keinen bestimmten Plan, aber dem Wesen des Baronets entspricht es, stets den geradesten Weg zu gehen. Er betrat das Zimmer, und sofort sprang Barrymore mit einem scharfen, keuchenden Atemzug von seinem Platze am Fenster auf und stand bleich und zitternd vor uns. Seine dunklen Augen glühten aus der Blässe seines maskengleichen Gesichtes hervor und blickten voll von entsetzter Überraschung auf Sir Henry und mich.
Dieser Mann stand weitab von der Stelle, wo Selden verschwunden war. Außerdem war er viel größer. Mit einem Ausruf der Überraschung streckte ich meinen Arm aus, um ihn dem Baronet zu zeigen; aber in dem Augenblick, wo ich mich zu Sir Henry umgedreht hatte, war der Mann verschwunden. Die scharfe Granitspitze hob sich noch immer vom unteren Rand der Mondscheibe ab, aber von der schweigenden und regungslosen Gestalt war kein Spur mehr zu sehen..

Heute morgen nach dem Frühstück hatten wir eine kleine Szene. Barrymore bat Sir Henry um eine Unterredung, und sie verweilten kurze Zeit unter vier Augen in seinem Arbeitszimmer. Ich saß im Billardzimmer und hörte mehrere Mal, daß sie ihre Stimmen erhoben; ich konnte mir wohl denken, was den Gegenstand ihres Gespräches bildete. Nach einer Weile öffnete der Baronet die Thür und bat mich, hereinzukommen.
»Barrymore glaubt Grund zu einer Beschwerde zu haben,« sagte er. »Er meint, es sei unredlich von uns gewesen, auf seinen Schwager Jagd zu machen, nachdem er uns freiwillig das Geheimnis mitgeteilt hatte.«

Als es Abend wurde, zog ich meinen Regenmantel an und wanderte voll düsterer Gedanken weit hinaus in die regendurchweichte Heide, und ließ mir den kalten Regen ins Gesicht schlagen und den Wind um die Ohren pfeifen. Gott sei bei denen, die jetzt in den großen Morast hineingeraten, denn selbst das feste Land ist beinahe schon ein Sumpf. Ich fand die schwarze Felsspitze, auf deren Höhe ich den einsamen nächtlichen Gesellen gesehen hatte; ich erklomm die schroffe Zacke, und blickte von der Höhe aus über die traurig düstere Hügellandschaft hin. »Der Anlaß meines Besuches bei Ihnen betrifft gerade den verstorbenen Sir Charles Baskerville.«
Die Dame wurde rot, so daß die Sommersprossen auf ihren Wangen deutlich hervortraten.
»Was könnte ich Ihnen über diesen Herrn sagen?« fragte sie, und ihre Finger spielten nervös auf den Tasten der Schreibmaschine.
»Sie kannten ihn, nicht wahr?«
Dann folgte ich Frankland in sein Speisezimmer.
»Heut ist ein großer Tag für mich, Herr Doktor – einer von den wenigen Tagen in meinem Leben, die ich rot anstreichen kann.« rief er, unaufhörlich kichernd. »Ich habe einen Doppelsieg errungen Ja, ich will den Leuten hier beibringen, daß das Gesetz Gesetz ist, und daß es hier einen Mann gibt, der sich nicht fürchtet, es anzurufen. Ich habe ein Wegerecht mitten durch des alten Middletons Park nachgewiesen, mitten durch, Herr Doktor, keine hundert Ellen von seiner Haustür.
Ich zog mich ganz in die dunkelste Ecke zurück und spannte den Revolver in meiner Tasche, fest entschlossen, meine Anwesenheit nicht eher zu verraten, als bis es mir gelungen war, einen Blick auf den Fremden zu werfen.
Ein leises Stöhnen war an unser Ohr gedrungen. Und noch einmal – es war zu unserer Linken. Dort lief ein Felsgrat in eine steile Wand aus, die eine mit Steinblöcken besäte Schlucht überragte. Und auf diesem Grund lag etwas Dunkles von eigentümlicher Form. Doch als wir hinzuliefen, nahmen die unbestimmten Linien feste Gestalt an. Es war ein Mann, der, das Gesicht nach unten, auf dem Boden lag; der Kopf stak in einem fürchterlichen Winkel unter dem Leib, die Schultern waren gerundet und der ganze Körper war zusammengezogen, als ob der Mann im Begriff wäre, einen Purzelbaum zu schlagen. So grotesk war die ganze Haltung, daß es mir im ersten Augenblick gar nicht zum Bewußtsein kam, mit jenem letzten Seufzer das Verhauchen seiner Seele gehört zu haben. 
Er sprang an mir vorbei und beugte sich über den Toten. Ich hörte, wie er einen gepreßten Atemzug tat, und die Cigarre entfiel seiner Hand.
»Wer – wer ist das?« stammelte er.
»Hm – ein ganz kleines bißchen vielleicht. Aber warte mal einen Augenblick.« Er stieg auf einen Stuhl und verdeckte mit dem gekrümmten rechten Arm den Schlapphut und die Ringellocken, während er mit der Linken die Kerze näher an das Bild hielt.
»Grundgütiger!« rief ich erstaunt. Aus der Leinwand starrte mir Stapletons Antlitz entgegen.
Ich schlich den Fußpfad entlang und duckte mich dann hinter die niedrige Mauer, die den verwahrlosten Obstgarten umgab. An dieser hinkriechend, kam ich zu einer Stelle, wo ich ungehindert in das gardinenlose Fenster hineinsehen konnte.
»Mein Gott,« flüsterte Sir Henry. »Was war das? Um des Himmels willen – was war es?«
»Was es auch gewesen sein mag, es ist tot,« antwortete Holmes. »Wir haben dem Familiengespenst für ewige Zeiten den Garaus gemacht.«
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