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Mittwoch, 17. Juni 2020

Karl May: Old Surehand II, illustriert von Josef Ulrich

Die tschechische Ausgabe von Karl Mays Old Surehand II mit den Illustrationen von Josef Ulrich erschien 1902 beim Verlag Josef Richard Vilimek, Prag. Wir zeigen die Originale der Illustrationen.
Der Band Old Surehand II spielt sich fast ganz im Gasthaus der Mutter Thick in Jefferson, Missouri ab, das die Kulisse für die Rahmenerzählungen der anwesenden Gäste bietet. Die vorgebrachten "Stories" haben eigentlich mit Old Surehand nichts zu tun. Das war auch der Grund, weshalb der spätere Karl-May-Verlag den zweiten Band eliminierte.

OLD SUREHAND II

1. Kapitel, Bei Mutter Thick

  Für die erste Geschichte bei Mutter Thick wählte Karl May die Erzählung Three Carde Monte (ein  Kartenspiel), die 1879 im Deutschen Hausschatz erschienen war. Sie dreht sich um den Bösewicht Canada-Bill. Die folgenden Abenteuer um Sam Firegun stammen zum Teil aus dem Kriminalroman Auf der See gefangen, eine frühe Abenteuererzählung Mays die im 2. Jahrgang der Frohen Stunden publiziert wurde, ferner Unter der Windhose.

 "Ja, es ist so, wie ich sage: Es hat in den Vereinigten Staaten niemals einen grösseren Schurken gegeben wie den Canada-Bill. Wer das nicht glaubt, dem will ich es gern und sogleich mit einigen Zoll kalten Eisens in den Leib beweisen. Wünscht einer von euch diesen Beweis, Mesch'schurs?"
(Canada-Bill war ein historisch belegter Verbrecher, der William Jones hiess und steckbrieflich gesucht wurde.)

"Das ist für das three carde monte!" rief eine Stimme. Noch ehe ich eine Bewegung machen konnte, blitzte es auf; ein schneller Ruck ging mir durch die Muskel des Oberarnes, ein Schrei von Marys Lippen: ihre Arme liessen mich los, und sie glitt zu Boden.

"Verzeihung, Gentlemen, dieser Mann spielt falsch!" sagte ich.
Er wollte aufspringen, kam aber nicht dazu, denn während meine Linke seinen Arm gefasst hielt, hatte ich ihm die Rechte so fest um den Hals geschnürt, dass ihm der Atem verging und er keine Bewegung erzwingen konnte.

 Da prasselte, knallte und sprühte es los, erst drüben, dann hüben; im Funkenregen sahen wir die glühenden Augen, schnaubenden Nüstern und gesträubten Mähnen, der erschreckten und an den Lassos zerrenden Tiere. Dann bäumte es sich empor mit aller Kraft, wogte erst ratlos hin und her, bis es im vollen enggeschlossenen Trupp ausbrach und in Richtung grad nach dem Fort zu dahinsauste.

Ich nahm ihn beim Kragen und schleifte ihn nach dem Wohnhause zurück, wo er sofort wieder eingesperrt wurde.

Er liess sich auf den weichen Rasen nieder und versank so tief in den Anblick, dass er  die leichten Schritte nicht vernahm, die sich von seitwärts her ihm näherten.

Und abermals wurde die Tür geöffnet. Old Shatterhand kam herein und sagte: "Auch Walker ist sein richtiger Name nicht. Er hat schon hundert Namen getragen und seinen ursprünglichen wohl darüber vergessen; sein berühmtester oder berüchtigster aber ist Kanada-Bill."

Die Jäger waren aufgesprungen und machten Miene, sich auf den mutigen Wilden zu stürzen, unter dessen eisernem Griffe sich der Wirt stöhnend wand. Er aber hielt sich rückenfrei und rief, den Kopf stpolz emporwerfend, mit dröhnender Stimme: "Wer wagt es, Winnetou, den Häuptling der Apatschen, anzutasten?!"

Sam Fire-gun und Dick Hammerdull stellten sich an die Spitze der beiden Abteilungen; der Zug blieb zurück; die Männer bewegten sich vorwärts, und nach wenigen Augenblicken lag tiefe Stille über der Gegend, und nicht das leiseste Geräusch verriet, dass der auf der weiten Ebene ruhende, scheinbare Frieden die Vorbereitung einer blutigen Katastrophe in sich berge.

Sam Fire-gun, der alle überragte, hatte den Freund in Gefahr gesehen. Die Indianer wie Grashalme auseinanderschlagend, sprang er mitten durch sie hindurch, fasste mit den beiden riesenstarken Fäusten ihren Anführer bei Hüfte und Genick, hob ihn hoch in die Luft empor und schmetterte ihn zur Erde nieder, dass es krachte.

Er trat mit weit auseinanderbgespreizten Beinen auf, als habe er vom Reiten die Seekrankheit bekommen, und schob sich dann vorsichtig durch den Flur und die offenstehende Tür in den Boarraum des Händlers.
"Good day, alter Marsgast!" grüsste er diesen. "Schaff' etwas Nasses zur Stelle, sonst segle ich dich über den Haufen, so liegt mir der Durst in der Kehle!"

So gelangten wir an den Rand eines Gutter, wie der Hinterwälder die rissartigen Vertiefungen nennt...Potter schob vorsichtig den Kopf vor und blickte hinab. Grad unter uns, in einer Tiefe von ungefähr vierzig Fuss brannte ein Feuer, um welches wohl um die fünfzig rote und weisse Männer sassen....

2. Kapitel, Der Königsschatz

Die Königsschatz-Episode stammt aus dem Kolportage-Roman Das Waldröschen.
Die Trombe hatte fast den Fluss erreicht...Sie bildete ein finsteres Ungetüm, genau von der Gestalt einer Sand- oder Eieruhr, aber von riesenhafter Grösse, in welcher ausgerissene Sträucher, Steine und mächtige Rasenstücke mit ganzen Wagenladungen von Sand rundum gewirbelt wurden...

Dort lag Rollins an der Erde unter einem der wohl drei Fuss im Durchmesser haltenden Hauptäste, welcher auf ihn gefallen war und ihm die Beine bis herauf an dem Leib vollständig zermalmt hatte.

...und die beiden Damen ergriffen die Gewehre der zwei Comantschen.

Ihre Schüsse krachten von neuem, und die Zahl der Gefallenen verdoppelte sich.

Die Männer rückten neugierig zusammen, und Graf Alfonzo begann: "ich habe etwas nach Mexico zu schaffen, wovon kein Mensch etwas erfahren darf; das ist es. Kann ich auf euch rechnen?"

"Du hast ihn erschlagen!" sagte Büffelstirn, auf den Deutschen und auf die am Boden liegende Keule deutend. Dabei rüttelte er ihn mit einer Gewalt, als ob ein Riese ein kleines Kind gepackt habe.

Alfonzo hing so, dass die aus dem Wasser emporschnellenden Krokodile gerade noch seine Füsse packen konnten. Dadurch war er gezwungen, dieselben emporzuziehen, sobald eines der Tiere danach schnappte.

Sie kamen dabei auch an den Rand des Bergplateaus, von welchem aus man in die Ebene hinabblicken konnte. Da ertönte unter ihnen ein dumpfer Knall. "Was war das?" fragte der schwarze Hirsch.
Da erklang der volle, grunzende Ton  eines Ochsenfrosches. Er war so täuschend nachgemacht, dass er unter anderen Umständen sicherlich gar nicht beachtet worden wäre, jetzt aber wussten sämtliche Bewohner der Hacienda sofort, dass es das Zeichen des Angriffes sei.

Der Schuss knallte, und das Tier ward zum Tode getroffen. Es überschlug sich und warf seinen Reiter ab. Der Apatsche schnellte in weiten Sätzen hinzu und stand bei dem Gestürzten, ehe dieser sich empor gemacht hatte.

Sie nahmen die Decken, in welche die Kostbarkeiten gehüllt waren, und trugen sie nach dem Zimmer des Kranken.

3. Kapitel, Ein Korsar

Die hier erzählte Geschichte geht auf Mays Buch Auf der See gefangen (1878) zurück  und beginnt mit dessem 5. Kapitel Miss Admiral.
Sie legte ihren Arm in den seinen und schritt mit ihm durch mehrere Gemächer bis in ein Zimmer, welches allerdings die Bezeichnung Arbeitskabinett wenig oder gar nicht verdiente.

Die Kugeln trafen ihn nicht; aber zwei der Indianer sassen auf, ihn zu vetrfolgen.

Sie standen vor dem senkrechten Fall des Baches. Oben über ihnen befand sich der Hide-spot Sam Fire-guns, und vor ihnen lag ein gewiss sehr tief von dem stürzenden Wasser ausgehöhltes Kesselloch, aus welchem dieWellen an ihren Füssen vorüberspülten.

Der Mann hielt ihn am Arme zurück; er stieg mit einem Gebote höher und höher und brachte endlich die verlangte Summe hinter dem Vorhang hervor.

Langam dahinschlendernd, bemerkten sie einen Mann, welcher aus einem engen Seitengässchen hervortrat und, ihrer nicht achtend, in einiger Entfernung quer über die Strasse schritt....Ein breitkrempiger und vielfach zerknitterter Strohhut hing ihm in das Gesicht hernieder...

Ein blitzschneller Schlag seines Armes schleuderte ihr die Waffe aus der Hand; dann fasste er sie bei der Schulter und drückte ihre schlanke, geschmeidige Gestalt an die Wand, als sei sie daran angenagelt. "Miss Admiral, hör', was ich dir ein für allemal sage....

"Fackeln herbei!" brüllte Sanders. Auch dieser Befehl wurde ausgeführt. Kaum aber verbreitete sich der Schein des Lichtes über die blutige Szene, so fuhr der Kapitän zurück, als habe er ein Gespenst erblickt. War's möglich? Grad vor ihm, den Tomahawk in der Rechten, das Skalpmesser in der Linken, stand Winnetou, der Häuptling der Apatschen, und an seiner Seite wehte das weisse, mähnenartige Haar von Sam Fire-gun.

Er warf die im Wege Stehenden wie Spreu auseinander, fasste die Wirtin bei der umfangreichen Taille, hob sie trotz ihrer Schwere zu sich empor und drückte ihr einen schallenden Schmatz auf die Lippen.

4. Kapitel, Die verkehrten Toasts


"...Mutter Thick, nehmt den Kerls die Gewehre, Revolver und Messer weg, und schliesst sie ein...

Er faltete das Papier auseinander und rief, indem sein Gesicht erbleichte, erschrocken aus: "Alle Teufel! Die Checks sind nicht da! Die Zeitung ist leer!"

Ich neigte mein Haupt, und die lockenhungrige Alte - denn sie war über sechzig Jahre - liess ihre Finger prüfend darüber gleiten. Sie entdeckte den Punkt, wo der Wald am dichtesten war, fuhr mit der Schere in das Unterholz - - schrrrr!

Ich band ihn vom Balken los. Er blieb stehen, dehnte und reckte seine eingeschlafenen Arme...



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