.

Donnerstag, 28. Juni 2018

Tagebuch eines bösen Buben illustriert von Eugen Osswald, 1.Teil

Eugen Osswald (* 22. Januar 1879  in Stuttgart; † 17. Februar 1960 in München) war ein deutscher Tiermaler und Illustrator.
Eugen Osswald stammte aus einer Bauhandwerkerfamilie; er hatte vier Geschwister. Sein Berufsziel war zunächst Steinbildhauer. Im Alter von 18 Jahren begann er eine Ausbildung zum Bauzeichner im Architekturbüro Heinrich Deichsel in Stuttgart. Er wechselte jedoch, nachdem er den Militärdienst im Infanterie-Regiment Kaiser Friedrich Nr. 125 abgeleistet hatte, an die Münchner Kunstakademie. Sein Studium begann er entweder im Jahr 1900 oder erst nach einer Zeit in Bern und Basel, nachdem er dort Kinderbücher illustriert und Pferde porträtiert hatte, 1903. Viele seiner Tierstudien entstanden auf Reisen mit großen Zirkusunternehmen. Neben seinen Gemälden schuf Osswald auch Illustrationen für Kinderbücher, die meist bei Scholz in Mainz veröffentlicht wurden, und Tierquartette.


 
Heute Abens also kommt Herr Willi Schmidt, so ein großer heßlicher alter Junggesell, der beina jeden abens zu Lil auf Besuch kommt...un ich zeig' ihm mein' Tagbuch un er list es laut for zu Lil un Elsbett die sehr fein aufgeputzt grad in Zimmer warn:„Ich winsche, der alter Willi Schmidt mechte über zuhaus bleibn.


Grad biß einer an un ich lehnte mich zuweit heniber und fiel henein.
 

 Elsbett hakte am Peano am andern End fom Zimmer.

 
So gab ich also dem Vorhang einen Schwups un schprang herfor wi wenn ich Hipf-Frosch schpiln mecht un es wahr zum lachn, wi sie schrien.
 

Dann warf mich Susann henaus aus den Zimmer un wi wir schon bei der Thir warn schrie ich noch: „Laß mein Arm los!...
 

 
Betti gehnt, wi wenn ihr der Kopf abfalln mecht.


Ich glaube, wenn ich gesund bin, werd ich dafonlaufn
un ein Biffljeger wern oder auf ein Schiff gehn.
 

So zog ich also Susis altes Kideparih an un einem Unterrok mit einen
Langen Schlepp' un ihr blauseidnes Kleid, nur war es nich groß genug
um der Taillje.


Ich blib in Susanns Kleid hengen, wi ich die Schtige henauf gehn
wollte un riß dem Vorderteil mittndurch. Sie war so ergerlich, daß
sie mich orfeigte
 
Oh du mein Gott! Wenn ich groß genug bin wird mein Schnurbart nich so aufgewikst sein wi seiner, hoff ich. Er is in einen Ladn un ich bettelte ihm, mir eine hibsche Krawatte zu schenken un wi er fragte: „Sin deine Schwestern gesund?" fischte ich seine Fotografih heraus un gab sie ihm. Es war die mit , Eingebildeter Narr!" auf dem Rickn geschribn. Die Medchen hadten seinen Schnurbart doplt solang ausgezogn un ihm iber das ganze Gesicht lachn gemacht.

Ich wollte ers lang nich un dann gab ich sie ihm. Die Medchen hadtn Sommerschprossn iber das ganze Gesicht gemacht. Das wahr die, bei welcher sie auf dem Rickn geschribn hatn „Er wollte, ich nich". .Sie hadtn sein Haar so rot angemahlt wi einen Hahnenkamm. Er wurde ganz bleich, wi er es in der Näe sah.

Ich glaube, das wird einen Schpektakl gebn. Ich muß beina zerplatzn for lachn, wenn ich an dem Menschndenk dem ich „Das Portreht eines Affn" zurickgegebn hab.

„Sie wird uns greßlich langweiln," sagte Susann. Ich glaube Tante Betsey is reich, aber so altmodisch, das man glaubn mechte, si is grad aus der Arche gekommen mit die Thire zu zwei un zwei nur Tante Betsey muß allein gehn weil sie eine alte Jungfer is.


Ich will nich ausgehn, damit die Jungen nich merkn es is was passihrt — die Zeit fergeht greßlich langsam. Ich mechte mir nichs draus machn Robinson zu sein.


Der Kerl bei den Peano schpilte un schpilte. Ein par fon die Medchen faßten sich um der Taillje und walztn herum aber es schin ihnen nich sehr zu gefalln.


Die Glocke klinglte noch zwanzigmal...


Der Bremser war sehr freinlich un setzte sich mir gegniber un sagte das ich ihm erzehlen soll. Wir unterhiltn uns gans gut un er erklärte mir alles am Wagn. Ich glaube, ich mechte auch Bremser wem wenn ich groß bin




 









Ich glaube ich wers aufgebn Biffljeger zu wern un liber Bremser sein, wenn ich groß bin.

Ich fand aber, das es sehr schlechte godtlose Jungen warn, die gar keine Erziung hadtn. Sie nahmen mir meine Schparkassa weg zerrissn mir mein neus Gewand un warfn mit Schmuz, so das ich mich nich anschaun lassn konnte.


Lange for fier Uhr kam fon Papa ein Tellergramm: „Ist Schorschi dort?"
Tante telegrafiert zurick: „Was meins du?"
 

Der neuer Predger kam heut Abens zu uns zum Tee. Er heißt Ehrwirdn Nebnezer Slokum. Er is 26 Jar alt wi er selbs gesagt hat. Er is bleich tregt weiße Fatermerder un hat Medchen un Zuckerbeckerein sehr gern, wi ich bemerke.


Die einzge Sehle auf der Erde um die sich Lil kimmert is Montag de Jones. Heut
formidtag trug ich ihm 1 Brif hin.


Herr de Jones schprang aus den Wagn, half ihr henein, schlug die Thir zu und fort warn sie. Der Kutscher haute auf die Ferde, wi wenn es hinter ihm brennte.
 

„Oh Schorschi, wi konntes du uns nur ferratn!' und fengt auf eimal laut zu weinen an.
Ich winsche, ich hedts nich getan.


...un nahm ein par Medezinflaschn un gab es Henschen zu kostn, weil er sagte es schmekt gut. Aber dann war er pletzlich ganz blaß un so krank in seinen Magn das er nich wußte ob er auf di Fiße oder aufn Kopf schteht. Also liß ihm Betti eine Schale schmutzign warmen Wasser mit Senf heneingemischt trinkn, so ein schreklicher Saft, das er alles wider henausschmeißn mußte un dann wahr ihm gut.


Ich machte die Thir ganz, ganz leise auf un gukte henein. Der Predger un Elsbett warn am dribern Ende fon Zimmer am Sofa.

Schlecht wi mir is, muß ich doch lachn, wenn ich mich erinner, wi Herr Slokum iber der Sofalehne schprang un henunterkroch.

Ich weinte mich gestern Nacht in Schlaf. Diser Tag wahr tausnd Meiln lang. Brod un Wasser zum Frühschtik, Brod un Wasser zu Midtag, Brod un Wasser am Abens, keine Sehle zu schprechn, die Thir zugeschperrt.




Was dann geschah, kann ich nich sagn, denn wi mein Kopf an der Hofmauer anschlug, wußte ich eine gute Weile nichs fon mir. Kann sein, das die Schreibtischlade herausrutschte, kann sein, die Ticher warn nich fest genug zusammgeknipft, alles was ich weiß is, das ich zuers die Schterne sah un dann — wahr alles schwarz wi die Nacht. Fater sagte wi ich wider zu mir kam: „Er is unferbesserlich.Ich gebe ihm auf, es is alles umsons. Oh wi schade, das er wider zu sich gekommen is!"


Ich glaub  wenn Papa bei Brod un Wasser eingeschperrt, war wi ein Strefling in Zuchhaus, mechte er die Leintücher noch erger zerreißn wi ich. Große Leite sin sehr ungerecht zu Kinder.

  Un grad nur, weil der Postmeister eine sehr alte Schwesterhat di so neigirig wahr den Brif zu lesn un das Medchen, die ihm geschribn hadte, fragte Susann aus Schpaß: „Sin dise Fleschchen Haarfarbe, die mit der Posl kommen, wirklich fir Fräuln Hornbleser?' Das is seine Schwester.

Aber ich hadte andre Plähne. Ich kroch unter dem Tisch in Schpeiszimmer; das Tischtuch ging bis auf dem Fußboden un verschtekte mich ganz.

„Ich krig di Hundswut! O weh!" kreischte Herr Prim. „Ferdammter
Hund! Schikn sie schnell um dem Dokter das er es herausschneidet...



Was soll man anfangen wenn man so ein schlechter Junge is?
Ich krigte greßliche Prigl.


Er is ein Prestidigatehr ein Mensch der wunderbahre Zauberein macht, wi wenn er der alte
Teuft selber wer. Man kann nich sehn wi ers macht.

Ich werde mich heimlich ibn bis ich die schwarze Kunst kann un dann wer ich im Sallohn
einen Tisch aufschtelln un meine Schwestern und ihre Ferehrer Kartn ferkaufn un ihnen zeign, wi mans macht.

Sie lachtn alle un kamen henein. Der junge Gigerl gab mir 25 Cent fir alle zusamm. Ich pakte den Hut schittlte ihn un sagte: „Meine Herrn un Damen, das sin di verzauberte Eier!" Sie gucktn alle hinein un sahn die Eier in einen Quatsch. Der Kerl wußte nich, das es sein Hut wahr un meine Schwestern dachtn zuers nich un so lachtn sie alle.

„Ich will ihnen meine borgn" un gab mir Mammas Uhr di ich deswegn früer in seiner Tasche geschtekt hadte un ich nahm sie un zerschtampfte sie in Mörser.


Wi wir bein Tee saßn un ich den Biskitt in meinem Tee eintauchte, weil meine Zunge so zerschnidtn wahr, kommt Sam herein— unser Kutscher — direk in das Schpeiszimmer mit der Kechinun Betti un helt die Uhr in der Hand. Alle schautn hin un dann auf mir. Warum nur grad auf mir?
„Ich fand sie in der Krippe!" keichte Sam und gab sie Mamma.

 

Sie wird ein kleines Zimmer eigens fir mich habn mit einer Brummsäge, ein Feßchen Negl,
un alle Werkzeige.



Ich wahr sehr zeitlich auf un ganz munter. Sie solltn um elf Uhr in der Kirche heiratn.


 Es wahr der selber Predger auf den ich geschossn hadte, der sie fetz ferheirate. Er hat eine Narbe auf der Schtirn un sah greßlich bleich aus.

„Oh, Schorsch, was wirs du nun beginnen!' „Mich ins Bed legn, Mamma!" sagte ich un das war doch wahr.



„Si sin auch schpaßig," sagte ich. „Was habn sie denn auf den
andern Aug, es bewegt sich ja gar nich? Is es aus Glas?"
„Du bist wirklich roh," sagte Eisbett. „Geh fort oder ich werds Mamma erzehln."

Herr Wilkins kam um 4 Uhr for das Haus mit einen neun Zweireder,
ein schwarzes Ferd mit fergoldetn Geschirr forgeschpannt.

„Das Schnittwamgeschefft geht jetz gut," sagte er, nachdem er sie mehr als 1 Dutznmal einem Engl genannt hadte, „und ich glaube wir kennen es wagn so um Weihnach herum Hochtzeit zu haltn."

Also zindete ich ein Schtreifholz an, hilt die Rakettn dazu un schmiß si dem Ferd unter die Fiße, das es dafonlif wi der Teifl. So eine Rakette wahr noch nich da — psch-zsch-psch-zsch krrrrr—krach — bum! bum!



Bum-burum-bum! fort ging es eine Meile nach der andere! Herr Wilkins war auf der Schtraße geblibn — weit, weit hintn. Elsbett krisch bei jedn Hopser den das Vih machte. Es wahr aber wirklich schreklich.

Oh Herr Mietschtallbesitzer wolln sie nich ein andres Ferd nehmen un zurick fahrn um Herrn Wilkins — er is irgendwo an der Schtraße ein par Meiln hinter uns. 

Es wahr eine feine Tocke —Flora hiß sie — beina so groß wi Milly selbs. Ich wollte gern wissn was ihre Augn immer so auf- un zugehn macht un ich endekte daß es 2 Schtike Blei auf einen Drat in Kopf drin wahrn, aber jetz is sie schieläugig wi nur was, uti Milly weinte, blos weil ich so ein nettes Loch in Kopf obn gemacht hadte — Medchen sin solche Kinder! Grad weil die Augn ein bischn krumm sind!



Frau Dennis setzte sich fest auf dem Platz nider, wo sie grad schtand. Mamma schpritzte ihr Wasser im Gesicht un weinte selbs un Papa nahm eine Laterne un Susi un filleich firzig fon die Nachbarsleite gingen mit.





Sie sagtn „ja" un ich nahm es aus der Tasche un schtellte es auf dem Tisch un heraus schprang eine Maus die ich nachmittag heneingeschtekt hadte — eine kleine, winzige unschulge Maus.

...un ich schlich so leise hinauf als ich konnte, aber die Schtige krachte un Papa schürzte heraus un feierte die Pestole ab. Die Kugl riß mir ein kleines Schlick fon meinen rechtn Ohr henunter un machte mich di Treppn henunterfalln so das Papa glaubte er hat dem Einbrecher erschossn. Er nahm die Lampe un Susi un Eisbett schperrtn ihre Thirn zu un schrien inwendig un er un Mamma kamen herunter wo ich ganz zusammgerollt lag un sie rif:.,Oh Gott es is unser über kleiner Schorschi! Oh mein Sohn mein Sohn!"
Papa seifzte, wi wenn er getroffn gewesn wer, Mamma sah das Blut auf meinen Gesicht un schrie:' „Er is tot!"

In den Hof war eine fremde Katze. Sie wahrweiß un schwarz geferbt. Ich sagte: „Miez, miez, miezl" aber sie lief dafon. Es roch greßlich so das ich es nich aushaltn konnte un ich ging deswegn henein. Die Leute warn imSchpeiszimmer un nahmen grad Erfrischungen un so ging ich auch henein. Sie schprangen auf un schrien wi wenn ich ein wildes Thir wer. „Oh geh henaus, geh henaus!" Die Dahmen nahmen ihre Taschnticher form Gesicht wi wenn sie Zahnwee hädtn. Papa pakte mich bei der Schulter un fihrte mich henaus im Schtall setzte mich auf einen Heihaufn un sagte ich soll dort bleibn bis di Gesellschaff fort is.


„Was is das schon wider ?" schtehnte Mamma. Dismal wahr aber mein Gewissn rein.
„Ich weiß nich Mamma, filleich is es eine Katznmusik?" Nun weißt du, libes Tagbuch, ich hadte zu ein paar Kerle, di bein Depoh warn, gesagt, sie bekommen Kuchn un Wein, wenn sie zu Richters gehn un der Iberaschungsgesellschaff eine Saranahde machn, un si hadten dort gehert es is in unsern Haus un warn deswegn heribergekommen. So ein Narrnthurm, was sie machtn, hat di Welt noch nich gesehn — es warn filleich 3 Dutzen fon ihnen da.



Ich fermute ich war blaß, aber wie sie anfingen zu lachn un zu kreischn wurde ich zohnig un sagte ganz laut zu ihnen: „Mitbirger," sagte ich, wi ich fon  Papa in der Schtadthalle gehert hab, „wir habn heile Abens 2 unerwartete Besuche zu unsere Iberaschungsgesetlschaff gehabt — Einer kam im Hinterhof, es war ein Schtinkthir. Der anderer kam im Forderhof,  das war di Katznmusik. Ich weiß nich, welchen ich dafon über hab. Gute Nacht!"



„Du wirst noch eines Tags ein Folksredner wern, mein Sohn", sagte Papa, wi sie so ruig weg gegangen warn wi Lemmer un lachte un lachte sofil, bis er aufherte wegn der Geschichte bes zu sein mit mir, aber meine beste Kleider sind runihrt, sie sind im Gartn begrabn ich kann morgn nich in der Sontagsschule gehn.



Elsbett nahm mich iber nachmittag mit aufs Land. Es war ein Junge dort
un eine Menge Nisse auf die Bäume im Wald un Kihe.



Ich firchte wenn die Kuh nicht zum Melkn im Schtall kommt, wird sein Fater nicht mehr denkn  Schorschi Hacker is so ein anschtänger kleiner Kerl! Aber ich wollte es ja nich thun — nein, wirklich nich! Ich zilte auf keinem einzign Ding außer der Zeitung, un wenn dise dumme Kuh grad foribergeht, wessn Schuld is es — ihre oder meine ? —


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen