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Freitag, 12. Juni 2015

2. Teil; Jules Verne: Das Land der Pelze illustriert von Zdenek Burian und von Jules Férat und Alfred Quesnay de Beaurepaire


Illustrationen von Zdenek Burian
 Da ergriff Mrs. Paulina Barnett eine der Pistolen, die in Jasper Hobsons Gürtel steckten, wartete kaltblütig den Augenblick ab, bis sich der Kopf des Tieres zwischen Tür und Pfosten zeigte, und schoß ihm geschickt in den schon geöffneten Rachen.

 Thomas Black, der über sein Instrument geneigt war, rührte sich nicht. – Eine halbe Minute verfloß.
Thomas Black erhob sich mit weit aufgerissenen Augen. Dann postierte er sich noch eine halbe Minute vor sein Okular und rief, indem er sich eine Sekunde lang erhob:
»Aber sie nimmt ab! Sie nimmt ab. Der Mond, der Mond entflieht! Er verschwindet!«
In der Tat glitt die Mondscheibe über die Sonne, ohne sie vollkommen verdeckt zu haben. Nur zwei Drittel der Sonnenscheibe waren verfinstert gewesen. Entsetzt war Thomas Black zurückgefallen.  


TEIL 2
Diese Überzeugung weckte in Jasper Hobson sehr ernste Sorgen! Nur 5 Fuß! War es, ohne von der Auflösung zu reden, der die Insel aus verschiedenen Ursachen unterliegen konnte, nicht anzunehmen,
daß der geringste Anprall reichen würde, sie durch und durch zu spalten?

Die Tannen brannten mit hellem Schein und erzeugten eine lange, rauchende Flamme wie etwa eine riesige Fackel. Das Harz knisterte in den alten Stämmen, die schnell verzehrt wurden. Bald wurde das Feuer stiller und stiller und – alles verlosch.

Als der Bär sie gewahr wurde, hob er sich auf den Hintertatzen in die Höhe und kam direkt auf sie zu. 10 Schritte vor ihr blieb er stehen, senkte den ungeheuren Kopf und kehrte um, als habe er unter dem Einfluß des Schreckens, der die ganze Tierwelt der Insel umzuwandeln schien, seine ganze natürliche Wildheit verloren.

Schon glänzte bei klarem Himmel die Sonne über die Eismauer und die Sohle des Tals grüßte mit einzelnen Strahlen. Jasper Hobson und seine Begleiter wandten ihr, da sie nach Westen zogen, den Rücken, und doch trafen jene Strahlen ihre Augen, da jene sich an den kreuz und quer gelagerten Schollen tausendfach widerspiegelten.

Die letzten Reste des Packeises, bei seinem Weggang noch 2 Meilen vom Ufer, hatten sich darauf gestürzt. Kap Bathurst existierte nicht mehr! Seine Erd- und Sandmassen waren von den Eisbergen zerdrückt und mit den Eisbergen über die Ansiedlung hereingeschoben worden. Das Hauptgebäude und alles, was nördlich von diesem lag, war unter der enormen Lawine verschwunden. Unter Donnerkrachen sah man die Schollen sich noch eine über die andere schieben, herabstürzen und zerschmettern, was in ihrem Weg lag. Das Bild glich einem Sturmangriff von Eisbergen auf die unglückliche Insel.

Am Abend dieses unseligen Tages wurde wieder ein lauter Krach hörbar – der größte Teil des Eilands löste sich los und verschwand im Meer. Laut schallte der Angstschrei der Tiere. Von der Insel war noch das Stückchen zwischen der früheren Wohnung und Kap Bathurst übrig!
Nun war sie zur – Scholle geworden!
Eine Scholle! Ein unregelmäßiges dreieckiges Stück Eis, dessen Seiten von 100 bis höchstens 150 Fuß maßen! Und darauf 21 menschliche Wesen, an die 100 Pelztiere, ein riesiger Polarbär – alle auf diesen letzten Überrest zusammengedrängt.


Illustrationen der französischen Ausgabe von Férat und De Beaurepaire

 Bevor er sich an sein Wagnis begab, trank er noch ein halbes Maß Branntwein, was er »einen guten Schluck Brennmaterial zu sich nehmen« nannte.

 Da ergriff Mrs. Paulina Barnett eine der Pistolen, die in Jasper Hobsons Gürtel steckten, wartete kaltblütig den Augenblick ab, bis sich der Kopf des Tieres zwischen Tür und Pfosten zeigte, und schoß ihm geschickt in den schon geöffneten Rachen.


»Meine Freunde«, rief der Lieutenant, eine Axt ergreifend – »auf die Bären!«
Es gab keinen anderen Ausweg; die Tiere mußten ausgerottet werden. Alle ohne Ausnahme eilten nach dem Korridor; Jasper Hobson an der Spitze drangen sie die Treppe hinauf. Die Falltür wurde gehoben. Durch den schwarzen Qualm blitzten die Flintenschüsse. Geschrei und Brummen mischten sich; man schlug sich mitten in der tiefsten Dunkelheit.

 Jasper Hobson war sich über das, was vorging, völlig klar. Er wartete mit peinlichster Unruhe. Ein Riß im Erdboden konnte ihn mit seiner ganzen Gesellschaft verschlingen. Aber es blieb bei dem einzigen Stoß, der mehr eine Rückwirkung zu sein schien als ein direkter Stoß. Er hatte das Haus nur nach der Seite des Sees Jasper Hobson war sich über das, was vorging, völlig klar. Er wartete mit peinlichster Unruhe. Ein Riß im Erdboden konnte ihn mit seiner ganzen Gesellschaft verschlingen. Aber es blieb bei dem einzigen Stoß, der mehr eine Rückwirkung zu sein schien als ein direkter Stoß. Er hatte das Haus nur nach der Seite des Sees.

 Erst Anfang April trat Tauwetter ein. Mit furchtbarem Krachen, das kräftigen Artilleriesalven ähnlich war, sprang das Eis, wodurch an dem seitlichen Ufer tiefe, plötzliche und weitgehende Änderungen eintraten.

 »Ja, der See«, antwortete Sergeant Long, »aber ist denn sein Wasser auch trinkbar geblieben?«
...Eiligst liefen der Lieutenant und Sergeant Long nach dem See – sein Wasser war noch süß!

 Oft aber konnten sie ihn allein, schweigsam und unbeweglich sehen, wie er von der Spitze des Kaps das jetzt noch offene Meer betrachtete, das vor seinen Blicken lag. 

 Allmählich rückte die dunkle Mondscheibe vor. Schon nahmen die Gegenstände auf der Erde eine eigentümliche Färbung an; auch die Atmosphäre hatte im Zenit ihre Farbe verändert.

TEIL 2 
 »Beruhigen Sie sich, Corporal«, antwortete lächelnd Jasper Hobson, »und beruhigen Sie Ihre braven Kameraden. Unser wirklich unerklärbarer Irrtum gereicht Ihnen nicht zum Nachteil. Wir befinden uns nicht unter, sondern über dem 70. Grad, und folglich bleibt Ihnen der doppelte Sold gesichert.«
 Der Astronom lief immer hin und her; er konnte es an keiner Stelle lange aushalten; sein Haar war verwirrt; er schlug die Hände zusammen und ließ sie wieder sinken. Mancher Ausruf der Verzweiflung entrang sich seinen Lippen, und gegen die Sonne ballte er die Faust, während er ihr, ohne zu bedenken, wie er sich schaden könne, frei entgegen sah.
 Jasper Hobson sah sie sehr aufmerksam durch, bevor er sich aussprach. Dann strich er mit der Hand über die Stirn, so als wollte er ein unangenehmes Vorgefühl verscheuchen, und sagte:
»Hoffen wir, meine Freunde, daß unser Unstern die Insel nicht allzu weit ins offene Meer hinaustreibt, aus der sie Gefahr liefe, nie zurückzukehren.«

Selbst während dieser Operation hatte sich der Astronom nicht blicken lassen; er schmollte wie ein großes Kind in seinem Zimmer, daß er dem wissenschaftlichen Leben geraubt sei.

Ohne weiter zu fragen, beschäftigte sich der Zimmermann mit der Auswahl der nötigen Stämme und wählte als Werft eine seichte Uferstelle neben Kap Bathurst, um sein Bauwerk dereinst bequem ins Meer bringen zu können.

 einige Stunden später zu erreichen hoffte, verbringen. Sie frühstückten also auf einer leichten, mit magerem und dünnem Gras bedeckten Bodenerhebung. Vor ihren Augen entrollte sich der schöne, glatte Meereshorizont. Kein Segel, kein Eisberg belebte diese weite Wasserwüste

 Zahlreiche Pelztiere, wie Marder, Wiesel und Hermeline, die in sandigen Aushöhlungen halb versteckt oder zwischen magerem Gebüsch verborgen waren, schauten die Reisenden an.

Diese Überzeugung weckte in Jasper Hobson sehr ernste Sorgen! Nur 5 Fuß! War es, ohne von der Auflösung zu reden, der die Insel aus verschiedenen Ursachen unterliegen konnte, nicht anzunehmen, daß der geringste Anprall reichen würde, sie durch und durch zu spalten?

Nur Kopf und Arme blieben noch von ihm zu sehen. Beim Aufhacken des Eises hatte der Boden plötzlich unter ihm nachgegeben, und er war bis an den Gürtel ins Wasser gesunken.
»Aushalten!« rief ihm Jasper Hobson zu.
Den Einschnitt hinabgleitend, gelangte er an den Rand der Öffnung und reichte dem Sergeant die Hand, der mit Hilfe dieses sicheren Halts aus dem Loch herauskam.

Der kleine Michael wurde nun ganz reizend; er versuchte in der Umgebung des Forts seine ersten Schritte, und der ganz in ihn vernarrte Corporal Joliffe wollte ihm gar schon die Handhabung eines Gewehrs und die Grundbegriffe der Soldatenschule lehren.

 Sauerampfer und Löffelkraut hatten eine reichliche Ernte ergeben, die man nicht zum kleinsten Teil dem Corporal verdankte, der mit der Ausdauer einer leibhaftigen Vogelscheuche das besäte Terrain gegen Tausende diebischer Schnäbel verteidigte.

 »Wir gehen nach und nach unter«, murmelte halblaut Sergeant Long; »das Eisfeld schmilzt unter Wasser weg!«

Das war ein Orkan, der aus der schlimmsten Himmelsgegend herkam. Dieser Nordost konnte wohl lange Zeit andauern, und lange Zeit die Atmosphäre peitschen.

Der Lieutenant versprach, so klug zu handeln, wie es unter den gegebenen Verhältnissen möglich sein würde, doch wäre es unbedingt und ohne Verzug nötig, den südlichen Teil der Insel in Augenschein zu nehmen. Am folgenden Tag sollte Mrs. Paulina Barnett den anderen nur sagen, daß der Lieutenant und der Sergeant zum letzten Mal vor Eintritt des Winters auf Kundschaft ausgezogen seien.

 Da blieb Sergeant Long, der dem Lieutenant um einige Schritte voraus war, plötzlich stehen und stieß nur die wenigen Worte heraus:
»Nicht dorthin!«
»Warum nicht?«
»Das Meer ...«

Dort riß sie aber ein Wirbelwind voneinander; sie wurden mit Gewalt getrennt und zur Erde geschleudert. »Sergeant! Sergeant! Wo seid Ihr?« rief Jasper Hobson mit aller Kraft seiner Lungen.
»Hier, Herr Lieutenant!« antwortete der Sergeant.

Die Tannen brannten mit hellem Schein und erzeugten eine lange, rauchende Flamme wie etwa eine riesige Fackel. Das Harz knisterte in den alten Stämmen, die schnell verzehrt wurden. Bald wurde das Feuer stiller und stiller und – alles verlosch.

Noch hatten sie jedoch keine Viertelmeile zurückgelegt, als die Reisende plötzlich stehenblieb und Madge sehr regelmäßige Fußspuren zeigte, die scharf im Schnee abgedrückt waren. Sie mußten ganz neuerdings hinterlassen und höchstens 9 bis 10 Stunden alt sein, denn im anderen Fall hätte sie der zuletzt gefallene Schnee unzweifelhaft wieder überdeckt.
»Was für ein Tier ist hier vorbeigekommen?« fragte Madge.
»Das ist kein Tier gewesen«, verbesserte Mrs. Paulina Barnett...


Es war ein Polarbär von riesiger Größe. Vor Schreck an den Boden gefesselt, sahen ihn die beiden Frauen. Das gewaltige Tier lief um ein auf dem Schnee liegendes Bündel Pelzwerk herum; dann hob er es auf und ließ es wieder fallen, um es zu beschnüffeln. Das Bündel hätte man wohl für ein totes Walroß ansehen können.

Sofort war Mrs. Paulina Barnett nach dem auf dem Schnee hingestreckten Körper geeilt.
Ein Schrei entrang sich ihrer Brust.
»Madge, Madge!« rief sie.
Madge kam herbei und betrachtete den leblosen Körper. Es war der – Kalumahs, des jungen Eskimomädchens!
Die Pflege der beiden Frauen rief die junge Eskimofrau indessen bald ganz ins Leben zurück, die Arme, die nicht nur von der Anstrengung, sondern auch durch Hunger bis auf das Äußerste erschöpft war.

 Kalumah wurde auf den bewegten Wogen von dem umgesprungenen Sturm, der nach der offenen See hinaus wehte, fortgetrieben. Sie strebte der großen Masse zu, die sie undeutlich in der Dunkelheit erkannte. Oft flutete das Meer über ihren Kajak hinweg, vermochte aber nichts gegen das unsinkbare Fahrzeug, das wie ein Strohhalm auf den Wellenkämmen tanzte.

 Kalumah lief, sobald sie des kleinen Kindes ansichtig wurde, auf dieses zu und bedeckte es mit ihren Küssen.

 Eine Anzahl solcher Vögel wurde eingefangen, und der Lieutenant befestigte nach Mrs. Paulina Barnetts früherem Vorschlag an deren Hals ein Billett aus gummierter Leinwand, auf dem die derzeitige Lage der Insel und die Namen ihrer Bewohner verzeichnet standen. Dann ließ man sie fliegen und sah sie nicht ohne Befriedigung nach Süden ziehen.

Jasper Hobson war wie vom Donner gerührt! Definitiv hatte der Kamtschatkastrom die Insel erfaßt, und diese entwich nun in jene unbekannten Meeresgebiete, in denen sich das Packeis bildet; in jene dem Fuß des Menschen verbotenen Einöden des Polarmeers, aus denen man nicht zurückkehrt!

Selbst die Wölfe kamen der Umzäunung bis auf Schußweite nah und fingen sich dort die Marder und Polarhasen, die ihre einzige Nahrung bildeten.

Jasper Hobson trat in die Mitte und sagte in ernstem Ton:
»Meine Freunde, bis jetzt hielt ich es für meine Pflicht, um Euch unnötige Beunruhigung zu ersparen, die Lage unseres Fort Hope geheimzuhalten ... ein Erdbeben hat uns vom Festland losgerissen ... Dieses Kap Bathurst ist von der amerikanischen Küste abgetrieben ... unsere Halbinsel ist seitdem nur noch eine Insel, und zwar eine umhertreibende Eisinsel ...«

 Wirklich war es ein Polarbär, und Mrs. Paulina Barnett erkannte bald die optische Täuschung, die sie befangen hatte.

Ebenso baute man zwei groß angelegte Lastschlitten, den einen zum Transport des Proviants, den anderen zu dem der Pelzwaren. Die dazu ganz geeigneten zahmen Rentiere sollten diesen als Zugkraft dienen.

Am nächsten Tag, dem 23. November, kam das Detachement nicht einmal 10 Meilen nach Osten zu vorwärts. Das furchtbar zerklüftete Eisfeld zeigte an seiner Schichtung, daß sich mehrere Eisbänke übereinander geschoben hatten. Durch den unwiderstehlichen Druck des Packeises erklärte sich auch das Zusammenstoßen von Eisbergen, die Aufhäufung einzelner Schollen, und eine Erscheinung, wie von machtloser Hand verlorene Berge, die in dieser Gegend zerstreut lagen und bei ihrem Sturz zersplittert waren.


 Das ganze Personal der Kolonie wurde zusammengerufen und ihm die Mitteilung gemacht, den Rückzug anzutreten.

Ein mit langen Hauern bewaffneter Kopf tauchte empor. Geschickt warf Marbre seine Schlinge darüber und zog sie aus Leibeskräften zu. Die Übrigen liefen zu Hilfe herbei, und nicht ohne Mühe wurde ein großes Walroß trotz seines Widerstrebens auf das Eis herausgezogen, wo es einigen Beilhieben bald erlag.

Durch die Scheiben konnte man demnach beobachten, was der Besucher vornahm. Als der Bär zu dem nicht verriegelten Tor gelangte, schob er die Flügel langsam zurück, steckte den Kopf hindurch, rekognoszierte den Hofraum und trat dann hinein.

 Wie weise diese Vorsicht war, sollten sie bald erfahren, als sich gegen 2 Uhr an dem Eingang eines Tals, das die Wanderer zu durchziehen beabsichtigten, ein ungeheurer Block vonmehr als 100 Tonnen Gewicht loslöste und mit Donnerkrachen auf das Eisfeld herabstürzte.
 Jasper Hobson weckte sie endlich aus ihrer Träumerei.
»Madam«, sagte er, »wir sind nun über 24 Stunden vom Fort weg und kennen den Durchmesser dieser Eisbank. Unserem Versprechen gemäß wollten wir nicht über 48 Stunden ausbleiben; demnach, denke ich, ist es Zeit, den Rückweg anzutreten.«

 deren Auftreten im Frühling die Walfänger und Überwinternden nicht selten berichten, sehr bald.
»Das ist kein Nebel«, sagte er zu seinen Leuten, »das ist ein ›frost rime‹, ein Rauchfrost, ein dichter Dunst im Zustand der Erstarrung.«

Er maß die Sonnenhöhe und berechnete als tatsächliche Lage der Insel:
Breite 69° 57ʹ; Länge 179° 33ʹ.
Kalumah hatte recht gehabt. Die vom Beringstrom ergriffene Insel Victoria wandte sich wieder nach Süden.

Schon hatten sie einige hundert Schritte zurückgelegt und befanden sich am Bett des ehemaligen Paulina Rivers, als ein unerwartetes Geräusch ihre Schritte hemmte. Es ähnelte einem entfernten Donnergrollen und kam aus den nördlichen Teilen des Eisfelds her. Der Lärm verdoppelte sich sehr schnell und wurde bald zum entsetzlichen Getöse.

 Die letzten Reste des Packeises, bei seinem Weggang noch 2 Meilen vom Ufer, hatten sich darauf gestürzt. Kap Bathurst existierte nicht mehr! Seine Erd- und Sandmassen waren von den Eisbergen zerdrückt und mit den Eisbergen über die Ansiedlung hereingeschoben worden. Das Hauptgebäude und alles, was nördlich von diesem lag, war unter der enormen Lawine verschwunden. Unter Donnerkrachen sah man die Schollen sich noch eine über die andere schieben, herabstürzen und zerschmettern, was in ihrem Weg lag. Das Bild glich einem Sturmangriff von Eisbergen auf die unglückliche Insel.

 Da unterbrach der Zimmermann einen Augenblick seine Arbeit, bedeckte das Gesicht mit den Händen und murmelte halblaut: »Ach, die Unglücklichen!«
Auf den Steifen, welche die Holzzimmerung hielten, hinaufkletternd, verließ er den Schacht.

 Da schleppte sich eine kaum erkennbare Gestalt durch die Dunkelheit heran.
Es war die Gestalt Kalumahs!
»Zu Hilfe, zu Hilfe!« rief die Arme mit schwacher Stimme.
Jasper Hobson kletterte durch die Öffnung. Er schauderte vor Kälte zusammen – das Wasser stieg ihm bis zum Gürtel. Das Dach war nicht, wie man annahm, eingebrochen, wohl aber hatte das Haus, entsprechend der Annahme Mac Naps, den Boden durchschlagen und das Wasser eindringen lassen. Nur der Dachraum, in dem es kaum 1 Fuß hoch stand, blieb noch frei davon. Es war noch eine schwache Hoffnung vorhanden! ..

 Während dieser Arbeiten schweifte Jasper Hobson bald allein, bald in Begleitung der Mrs. Paulina Barnett am Ufer umher.

 »Meine arme Madge«, sagte sie, »in dieses Unglück habe ich dich gebracht, dich, die mir überallhin folgte und deren Ergebenheit und freundschaftliche Treue wohl ein anderes Los verdient hätte! Kannst du mir verzeihen?«
»Es gibt nichts auf der Welt, was ich dir nicht verzeihen würde, meine Tochter«, antwortete Madge; »aber irgend etwas nicht mit dir zu teilen, das wäre mein Tod gewesen.«

 Mit aller Macht drängte Jasper Hobson zur Vollendung des Floßes, dessen unterer Teil schon auf dem Wasser der Lagune schwamm. Mac Nap bestrebte sich, seinem Bauwerk die größtmöglichste Sicherheit zu geben, um es zu befähigen, im Notfall auch länger einer bewegten See standzuhalten, da man doch nicht darauf rechnen durfte, einem Walfänger zu begegnen, sondern bis zu den Aleuten-Inseln hinab zu fahren.

 Sabines Kameraden, die auf sein Hilferufen herbeieilten, gelang es noch, ihn aus der Öffnung herauszulotsen, an deren glatten Rändern er sich krampfhaft anklammerte, so daß er für dieses Mal mit einem unfreiwilligen Bad davonkam.

Noch an diesem Tag ließ Jasper Hobson einen großen Teil der Lebensmittel und Lagergeräte nach dem Floß schaffen. Auch beschloß man, daß sich alle darauf einschiffen sollten.
Gerade jetzt war aber das Meer sehr wild und auf diesem kleinen Mittelmeer, das die See nun an Stelle der Lagune bildete, wogte das Wasser heftig auf und nieder. Die in dem verhältnismäßig engen Raum gefangenen Wellen brachen sich donnernd am Ufer. Das Bild glich einem Sturm auf dem See, oder vielmehr auf diesem meerestiefen Abgrund. Das Floß schwankte furchtbar, und in Massen stürzten die Fluten darüber hinweg, so daß man sich genötigt sah, die begonnene Beladung mit dem Notwendigsten wieder einzustellen.


Noch vor dem Schlafengehen untersuchte Jasper Hobson die Taue des Floßes, die um starke Birkenstämme geschlungen waren. Aus Vorsicht wickelte er sie noch einmal herum. Das Schlimmste, was geschehen konnte, war nun eine Entführung des Floßes über die Lagune, aber diese hatte ja keinen so großen Umfang, daß es sich deshalb den Blicken hätte entziehen können.

 Jetzt ging es um die Frage, ob man von jenem Schiff aus das wenig über dem Wasser aufragende Eiland wahrnehmen und die Notsignale erkennen würde, die man nach besten Kräften gab.

 Mrs. Paulina Barnett sah ihrer Madge gerade ins Gesicht, so als wollte sie fragen, ob sie noch immer Hoffnung hege.
Madge wandte den Kopf ab.

 »Diese Schnelligkeit«, sagte er, »verzehrt die Scholle, die uns trägt, und könnte die unvermeidliche Katastrophe wohl um einige Stunden beschleunigen. Sprecht eure Meinung aus, meine Freunde. Wollt ihr, daß wir weitersegeln?«
»Vorwärts! Vorwärts!«
Wie aus einem Mund riefen es all die Unglücklichen.Man fuhr also unbeirrt weiter, und dieser Beschluß
sollte zu ganz unberechneten Folgen führen. Um 6 Uhr abends erhob sich Madge und rief, indem sie nach einem entfernten Punkt am Horizont zeigte:
»Land! Land!«

Einige Minuten danach strandete die Scholle auf dem Ufersand. Die wenigen Tiere, die sie noch geborgen hatte, entflohen in das Dunkel. Dann verließen sie die Schiffbrüchigen, sanken in die Knie, und lobpreisend stieg der Dank für ihre wunderbare Erhaltung und glückliche Rettung zum Himmel empor!

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