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Donnerstag, 10. September 2015

Otto Baumberger: Illustrationen zu Schillers Wilhelm Tell, 2. Teil

 Wiese bei Altdorf
Friesshart und Leuthold halten Wache.
Friesshart: Wir passen auf umsonst. Es will sich niemand 
Heran begeben und dem Hut sein' Reverenz erzeigen.

Tell: Was wollt Ihr? Warum haltet Ihr mich auf?
Friesshart: Ihr habt's Mandat verletzt, Ihr müsst uns folgen.
Leuthold: Ihr habt dem Hut nicht Reverenz bewiesen.

 Gessler zu Pferd, den Falken auf der Faust, Rudolf der Harras, Berta und Rudenz, ein grosses Gefolge von bewaffneten Knechten, welche einen Kreis von Piken um die ganze Szene schliessen

Gessler: Wer sagt Euch, dass ich scherze?
(Greift nach einem Baumzweige, der über ihn herhängt.)
Hier ist der Apfel.
Man mache Raum - Er nehme seine Weite,
Wie's Brauch ist - Achtzig Schritte geb ich ihm -
Nicht weniger, noch mehr - Er rühmte sich,
Auf ihrer hundert seinen Mann zu treffen -
Jetzt, Schütze, triff und fehle nicht das Ziel!

 Tell: Erlasset mir den Schuss.  Hier ist mein Herz!
(Er reisst die Brust auf)
Ruft Eure Reisigen und stosst mich nieder.

Rudenz: Ich hab still geschwiegen
Zu allen schweren Taten, die ich sah;
Mein sehend Auge hab ich zugeschlossen,
Mein überschwellend und empörtes Herz
Hab ich hinabgedrückt in meinen Busen,
Doch länger schweigen wär Verrat zugleich 
An meinem Vaterland und an dem Kaiser
Berta: (wirft sich zwischen ihn und den Landvogt)
O Gott, Ihr reizt den Wütenden noch mehr.

 Indem sich alle nach dieser Seite gewendet und Berta zwischen Rudenz und den Landvogt sich geworfen, hat Tell den Pfeil abgedrückt.

- die Armbrust entsinkt seiner Hand -, wie er den Knaben kommen sieht, eilt er ihm mit ausgebreiteten  Armen entgegen und hebt ihn mit heftiger Inbrunst zu seinem Herzen hinauf, in dieser Stellung sinkt er kraftlos zusammen.

 Gessler: Bei Gott! Der Apfel mitten durch geschossen!
Es war ein Meisterschuss, ich muss ihn loben.

 Mit diesem Pfeil durchschoss ich  - Euch,
Wenn ich mein liebes Kind getroffen hätte,
Und Eurer - wahrlich!  hätt ich nicht gefehlt.

 Knabe: Es ist das Herrenschiff von Uri, Vater,
Ich kenn's am roten Dach und an der Fahne.
Fischer: Gerichte Gottes! Ja, er ist es selbst,
Der Landvogt, der da fährt -Dort schifft er hin
Und führt im Schiffe sein Verbrechen mit.


 (Wenn er mitten auf der Szene ist, wirft er sich nieder, die Hände zur Erde und dann zum Himmel ausbreitend)
Fischer: Wer ist es? - Gott im Himmel! Was!der Tell
Wie kommt Ihr hierher? Redet!


 Tell: So ward ich meine Bande los und stand
Am Steuerruder und fuhr endlich redlich hin.
Doch schielt ich seitwärts, wo mein Schiesszeug lag,
Und an dem Ufer mekt ich scharf umher,
Wo sich ein Vorteil auftat zum Entspringen.
Und wie ich eines Felsenriffs gewahre,
Das abgeplattet vorsprang in den See -



 Jetzt, schnell mein Schiesszeug fassend, schwing ich selbst
Hochspringend auf die Platte mich hinauf,
Und mit gewaktigem Fussstoss hinter mich
Schleudr' ich das Schifflein in den Schlund der Wasser -


Rudenz (kniet an dem Toten nieder) Ja, heilge Reste eines teuren Mannes!
Entseelter Leichnam! Hier gelob ich dir’s
In deine kalte Totenhand – Zerrissen
Hab ich auf ewig alle fremden Bande,
Zurückgegeben bin ich meinem Volk,
Ein Schweizer bin ich, und ich will es sein
Von ganzer Seele - -


 Ich lauere auf ein edles Wild...-
Hier gilt es einen köstlicheren Preis,
Das Herz des Todfeinds, der mich will verderben.

 Eine Hochzeit zieht über die Szene und durch den Hohlweg hinauf.

Armgard: Barmherzigkeit, Herr Landvogt! Gnade! Gnade!
Gessler: Was dringt Ihr Euch auf  offner Strasse mir
In Weg - Zurück!

(Ein Pfeil durchbohrt ihn, er fährt mit der Hand ans Herz und will sinken. Mit matter Stimme.)
Gott sei mir gnädig!

Tell (erscheint oben auf der Höhe des Felsens)
Du kennst den Schützen, suche keinen andern!
Frei sind die Hütten, sicher ist die Unschuld
Vor dir, du wirst dem Lande nicht mehr schaden.

 
 Rudolf der Harras: Er verblutet sich.
Fort, schafft Hilfe! Setzt dem Mörder nach!

Indem er mit den Waffenknechten abgeht, erscheinen sechs barmherzige Brüder.
Rasch tritt der Tod dem Menschen an,
Es ist ihm keine Frist gegeben,
Es stürzt ihn mitten in der Bahn,
Es reisst ihn fort vom vollem Leben.

 Melchtal: Der Rudenz war es, der das Sarner Schloss
Mit mannlich kühner Wagetat gewann,
Den Rossberg hatt ich Nachts zuvor erstiegen.
- Doch höret, was geschah. Als wir das Schloss
Vom Feind geleert, nun freudig angezündet,
Die Flamme  prasselnd schon zum Himmel schlug,...

Ruodi:Hier ist der Hut, dem wir uns beugen mussten.
Mehrere Stimmen: Zerstört das Denkmal der Tyrannenmacht!
Ins Feuer mit ihm!

 Stauffacher: Am Wege aber sass ein altes Weib -
In Ihrem Schoss verblutete der Kaiser.

 Walter aufspringend: Mutter, der Vater!

 Parricida verhüllt sich: Wehe mir!
Ich darf nicht weilen bei den Glücklichen.






 

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