Sonntag, 1. Juli 2018

Tagebuch eines bösen Buben illustriert von Eugen Osswald, 2.Teil

Beim Lesen des Tagebuches fiel mir, was die Handlungen und Szenen betrifft, eine gewisse Ähnlichkeit zu Ludwig Thomas Lausbubengeschichten und Tante Frieda auf. Zudem erinnern die grossen Zeichnungen von Eugen Osswald stark an die Illustrationen von Olaf Gulbranson. Ob das rein zufällig ist, vermag ich nicht zu sagen.

Aber ich firchtete, das Dibe einbrechn un stehln, wenn ich weggeh, deswegn schleppte ich das Schkelett aus der Kammer, setzte er im Sessl un schtekte ihm ein medezinisches Enschtrument in der Hand.

...un ich liß ihm aus der Kloreformflasche richn un er roch dran un ich sagte ihm er soll sich ein bischen aufs Saktuch gißn es wird ihm dann nich mehr weh tun.Er legte sich aber grad zurik un liß die Flasche falln. Sie zerbrach un er wollte mir nich antwortn wie ich ihm fragte ob der Zahn noch weh tut also ging ich fort un liß ihm dort, weil es so schtark fon Kloreform roch, das ich weggehn mußte. Er un Emmeline lagn beide bewußtlos dort, wi der Dokter zurikkam.



Papa pakte mich bei der Schulter un fihrte mich den Gang henunter auf den Fridhof
setzte mich sehr fest auf einem Grabschtein un sagte: „Schorschi, du bis ein schweres Kreiz. Du bist ein Schkandal fir deiner Familfe. Ich bin mit meinen Ferschtand zuend, was ich mit dir anfangen soll!"


Es wahr ein Landstreicher.


2 fon ihnen blibn zurik.

Was wirde meine theire Mamma sagn, wenn sie wißte, ihr kleiner Sohn is ein Einbrecher! Ich wahr weggelaufn um ine guter Junge zu wem un jetz war ich noch 1000 mal schlechter wi
früer. Das is schon mein Pech.


Sie erwischtn alte 5 un so glaub ich, ich werd nich wider mit Lanschtreicher gehn, sondern zuhaus bleibn un anschtendig sein.

Ich schlif auf einen Diwan in Lils Zimmer weil das Hotell ganz foll war.

Ich konnte Schiffe un Wasser sehn un fragte deswegn einen Mann. Er sagte es is der Hudsonschtrom. Dann ging ich henunter um zu sehn was sie dort machn. Eine Menge Leute
gingen auf das Schiff un so ging ich auch mit, blos um ein  bischen herumzusehn un den Mann beim Rad etwas zu fragn.
„Wann fehrt es ab?" fragte ich ihn.
„Is ebn abgefahrn," sagte er.



„Weiß nicht, Junge," war seine Antwort, „frag einen Pollezeimann.“
 


...dann sah ich einen Beckerladn ging henein un ferlangte ein paar Feffernisse.
„Wi fiele?" fragte die Frau.
„Villeich 9" sagte ich.
Dann dankte ich ihr sehr heflich un wollte henausgehn aber sie fing zu schrein an, das sich ein Bär gefirchtet hädt.
„Wo is das Geld, du kleiner Schufft?"

Also erzehlte ich dem Dokter Moor in fertraun, daß Susi
ihm das hibscheste Rauchschakett schtikt, was man sich nur denkn
kann, weil ich durchs Schlißlloch gukte un sie dran arbeitn sah.


Ich bin aber doch ein bischen traurig, weil Sankt Klaus sich nich durch unserm Schornschtein durchzwengn kennen wird.... Ich hab in unsern Rauchfan henaufgeschaut un glaub
wenn ein par Zigl draußn wern, kennt er so bekwem in unser Haus schlipfn, wi nur was... Finf Menutn, nachdem ich iber der letzn Schtufe gegangn war, war auf einmal ein so lauter Krach wi wenn die Welt einschtirzn mecht — etwas traf mich am Kopf, das tat schreklich weh — sie sagn ich wußte füleich 6 Schtunden lang nichs fon mir. Es schihn, als were der Kamihn in Mammas Zimmer in 1000 Schtike zerschprungn un ein Zigl hadte mich auf der Seite fon meinen Kopf getroffn — es is ein Wunder, das ich nich erschlagen wurde, denn di Zerschterung is follkommen.
 

Ich sagte, filleich hadte Sank Klaus ein paar Rakettn
in seinen Sak un sie gingn los. Dokter Moor sagte:
„Ja, das muß es gewesn sein!"
Dann sagte Papa:
„Schorschi, wozu has du Schißpulwer in dem Kahmin geschidtet?"

Dokter Moor sagt, ich kann morgn schon ausgehn. Es is eine ausgezeichnete Schlidtenbahn, der Schnee is 1 Fuß tif — alle Jungen un Medchen unterhaltn sich un die Gleckchen klingln.



Theires Tagbuch, leb wohl, ich muß fort — mein Koffer is gepakt. Betti un Mamma habn geweint, das ihre Augn rot sind. Ich soll wegfahrn in einer Schule filleich 100 Meiln weit...




Dann haschte Eisbett nach der Zeitung fon gestern un las alles schnell durch bis sie zu der Anonznschpalte kam un dort schtand: An alle di es angeht: Di Fräulein Hackers wolln Neijahr nich zuhaus sein, weil ihre Gesundheit sehr schwach is, sie habn immer Hiftschmerzn wenn si
ihr neies Seidnkleid tragn un es macht greßlich fiel Unbekwemlichkeit eine feine Tafl herzurichtn, Austern sind teuer, es zalt sich nich aus, denn di junge Menner sin iberhaup sehr seichte Geschepfe — sie bidtn fir heier um Enschulgung.
Susi Hacker.
Eisbett Hacker.


Ich hab mein Eichhernchen in der Tasche geschtekt, nimand weiß, das ichs mitgenommen, hob. Ich mecht wissn ob di Bubn lachn mechtn wenn ich es das erstemahl wenn ich zun Frihschtik komm am Tisch schtell ?

Ich bin so mit Schneballn beschmissn, wi wenn ich ein Zaunfahl wer, Betti mechte weinen, wenn sie's sehn kennt. Mein seidnes Halstuch is weg, meine Fäußlinge sin am Dach, weil di Katze sie hinaufschlepte wi sie sie ihr am Kopf schtektn. Ich hab aber nich ein bischen geweint. Sie kennen mich nich unterkrign.

Sie setzte sich richtig aufn Fußbodn. Oh so ein Bumpser! Aber war es rech das sie zohnig
wurde un sagte ich hab es zu fleiß getan?



„Uff! Uff!" heilte ich, aber ich durfte nich sehr laut schrein. „Ich habe ihm dem Schkalp abgenommen! Wenn ich ein Girtl hedt, mecht ich mir ihm anhengen!"
So ein Schpetakl war noch nich da wi dise Kerle machin. ,Hurrah! Hoch Schorschi! Du wirs ausgeschlossn wem!'


Das obere fon sein Kopf schaute aus wi das Straußei das mein Kusehn mitgebracht hat;...





... er fragte mich, wo seine Perike is?
 Ich fragte ihm, ob er glaubt, es wahr die Katz ? Er schidtlte mich so greßlich fest, das ich weinen mußte, dann sagte ich, filleich habn di Indejahner einen Einfall gemacht un ihm schkalpirt, wi er treimte.
O, wi finster schaute er drein!
Er liß alle Bubn zusammrufn. Keiner konnte ihm sagn, was mit seinen Kopf geschehn is. Ich sagte, filleich habn di Rattn es in ein Loch geschlept.


Gestern erwischte sie mich dabei. Ich mußte mich in der Mitte fon Zimmer
schtelln mit einer Narrnkappe fon ferbiges Papir am Kopf.


Ich wahr es nich, der di Dinte fon ein End fom Zimmer zum andern geschidtet hat — es is ungerech, mich deswegn zu scheltn, wenn alles was ich gethan hab, war, das ich das Dintnzeig der Katze am Schwanz angebundn hab — die Katz hat die Dinte ferschidtet, nich ich.

„Pitkins! Pitkins! Es sin Einbrecher unterm Bett!"
Er sagte: „Unsinn! Schlaf nur." „Es is einer!" sagte sie. „Ich schpir, wi er sich unter der Matraze herum bewegt. Pitkins, schteh auf! Feier! Merder! Dibe! Oh Pitkins, zind ein Licht an!"


Also sagtn sie, ich muß ein Kleptomahner sein.

Ich schtig auf dem Podeum, machte eine Ferbeigung un sagte es sehr laut.

„Du brauchs dich nich zu bemihn mit deine Schlidtschue, Schorschchen, du kanns den ibrigen nachmidtag im Schulzimmer bleibn un addihrn. Warum has du das abgeendert, was ich geschribn hab, du godtloser Junge?...




,,Gebn sie nur gut acht auf dem Jungen, Konduktehr! Er is ein ganz schreklicher Kerl. Ich
mußte ihm fon meiner Akademih auschlißn." Un wie er kam, mein Billeh einzwikn, lachte er zu mir. „Was has du gethan, Birschchen, das du ausgeschlossn worn bist? Du schaust so unschulg drein, wi ein Lamm. Man sollte nich glaubn, das du so ein godtloser Junge bist!" Un patschte mir dabei am Rikn.


Es wahr finster im Zimmer, un wi sie heneinkam mit der Lampe fihl das Licht grad auf dem Geist.



„Un jetz mein Junge," sagte er, „bleib ruig auf deinen Sitz, da has du eine Zeitung mit Bilder, schau sie dir an. Ich werde manchmal schaun kommen, wies dir get."


Auch ein Pak Bombon hadte ich, un hilt es noch immer fest in der Hand. Ich dachte mir, ich werde es essn un wenn ich schon zutot ferhungern muß, wird es wenigstens nich so bidter sein — wi ich auf eimal ganz erschtaunt seh, wi der Zug rikwerts kommt, wi ein Krebs. Ich mußte lachn; der Konduktehr, alle Bremser, der Inschenehr un der Heizer alle lehnten sich heraus, um meine Schtike zu suchn un di Fenster wahrn offn un di Passachihreschiektn die Kepfe hinaus. Filleich 200 Leite kamen heraus, wi der Zug schtehn blib.
Der Konduktehr war so bleich wi ein Geschpens aber wi er mich Bombons essn sah, wurde er ganz schreklich zohnig.
„Schau, das du henaufkommst!" sagte er, ,,ich hob schon 10 Menutn
ferseimt. Geh henauf, du kleiner Schlingel! Was machst du für Schpeße mit uns?


,,Nein, Schorschi," sagte er, ,,wir wolln uns nich duellihrn, wir wollns Über gut sein lassn un wider Freundschaff schlißn. Mir gehts grad so wi deiner Schwester. Ich glaub, das beste was ich thun kann is, das ich mit dir nachaus geh un ihrs selber sage, wenn Fräuln Schtein uns enschuldign will." Also gingen wir.

...es war ein sehr fester Wind un sie gingen prachfoll in der Hehe, aber meiner fihl auf
der Hauptschtraße einen Ferd am Kopf, das sich for jeder Dummheit schrekte, selbs for einen Drachn un es lif fort wi der Blitz...

Ich hadte in der Zeitung fon den Witz mit der Briftasche gelesn. Ich dachte es wird Schpaß gebn wenn ichs selbs probihr — man leßt eine alte Briftasche auf der Schtraße falln un gibt ach wer sie aufklaubt.


...bis ich zu den neu'n Bahndurchgang kam, wo di Arbeiter di Felsn schprengtn; aber sie warn grad bein essn, weil es mittag wahr un ich dachte ich kennte mir ein bischen Schpaß machn mit einer Kanne Pulver, di sie schtehn lassn hadtn. Es wahr eine neie Brike da — so einen Krach hab ich noch nie gehert was sie machte, wi sie in der Luft ging. Ich wer sicher erschlagn worn, wenn ich nich im Tunell gewesn wer. So ein Danf! Uj! Di Luft wahr ganz foll dafon. Man konnte kaum di Leite sehn., wi sie hergelaufn kamen un das wahr ein Glik fir mir, weil ich mich firchtete wi’s forbei war un ich ferschtekte mich den ganzen nachmittag bis zum Nachmahl.



...un es warn auch ein paar kleine Medchen da, die Blumen suchtn. Der Bach wahr tifer wi
gewehnlich, weils so fihl geregnt hadte, deswegn fragte ich Minni Braun un Luzi Willer ob sie nich gern sehr sehr gute Kinder un rech fromm sein mechtn. Sie sagtn ja. Also sagte ich, ich werde sie ganz so gut wi der Predger taufn. Es is Sonntag, also grad die rechte Zeit - wollt ihr eich taufn lassn ? Anne Sprigs lachte, aber ich sagte, das is schlecht fon ihr — sie muß sehr erns sein — sie un Lise kennen am Ufer schtehn un singen, wi sichs gehert. Ich sagte zu Minni un Luzi sie solln sich nich firchtn, wenn das Wasser kalt is. Sie sagtn „oh nein!" Un dann sagtn wir alle das Gebet sehr erns. 




Der Zirkuß is gekommen un wider fort wi ein schener Traum. Karli un ich gingen ihnen engegn. Wir warn so aufgeregt, wi wenn wir dazu gehert hädtn. Zuers lifn wir mit den Wagn, wo die Musikk wahr dann wolltn wir foraus laufn un das ganze bei uns forbeimaschihrn
lassn — Rinozerösser, Hippotamusse, 2 lebendige Ellefantn, einen Schiraffn der so einen schpaßign Schlukhals hat, weil er den ganzn Weg hinunter schmekn kann, wi gut es is,...




Dann redete ich sehr freindlich zu ihm durch der Ohrtrompette... Er schien mir gern zuzuhern, manchmal grinste er, wi wenn ihm etwas kitzlte; aber fon Mamma hab ichs heut nachmitag schreklich gekrigt, das ich meine Zunge hab so laufn lassn — sie sagte, ich hab schon genug Unheil angeschtellt — ich kann es nie allen Leitn recht machn.




...aber fir einen kleinen Bubn fon meinen Alter is es kein Schpaß, allein in einen Bailohn aufzuschteign — fihl merkwirdiger, als ich geglaubt hab. Es is grcßlich lustig fir eine Menute un eine halbe, aber dann is es einfach firchterlich. Ich fragte Belli, ob mein Haar weiß geworn is — ich dachte, es is. Ich bin sicher, das ich nimehr das sorglose unforsichge Kind sei wer, wie befor ich dise Fahrt gemacht hab.





Aber die ganze Zeit flog ich forwerts wi der Bliz bis ich wußte, das ich seks Meiln weit wahr, weil ich zu der nechste Schtatsjohn kam...
 




Ich weiß nich genau, wi es gescha, aber der kleiner Schorschi wurde geredtet. Der Franzohse that es. Sie schossn ein Seill iber dem Fluß un machtn es auf beidn Seitn fest; dann ging der Franzohse auf dem Seill qweriber, bis iber das Boht, warf eine Schleife iber Schorschi un sagte ihm, er soll sie sich unter der Aksl fest machn un nur ganz ruig bleibn; dann zog er ihm henauf, befal ihm di Augn zuzumachn un schtillzuhaltn — Forsich wirde das ibrige tun. Un er brachte es fertig.







Es wahr so gut wi ein fierter Juli. Es wahr ein bischen kihl an der Kiste, aber zwei risige Feier machtn es wider gut — eines, um Gullasch zu kochn un eines um die Muschln zu restn. Außer uns warn filleich noch 1000 Leite dort. Die Bande schpilte, ein par Herrn
hiltn Redn un dann sangen wir ein pahr Lider un feiertn die Kanohne ab.


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