Dienstag, 22. März 2022

 Rudolf Münger (1862-1929) war ein Schweizer Maler. Münger wurde bekannt als Illustrator der Werke von Jeremias Gotthelf und Heidi von Johanna Spyri, der Einbände zu den Romanen Rudolf von Tavels und der 1907 bis 1925 durch Otto von Greyerz in sechs Heften erschienenen Volksliedersammlung Im Röseligarte. Von ihm stammen auch die Wandfresken des Berner Kornhauskellers.

 


 


"Du, Stine", rief die Mutter in der grössten Hast, "sie haben den Murezzi blutend ins Spital gebracht. Jesus, - wenn er mir stirbt! -  B'halt's Kind, so lang wir fort sind!"


 
Zu himmelblauen Vergissmeinnicht legte sie zartrosarote Bergnelken und goldstrahlende Gemsblumen, dazwischen schneeweisse Alpenlilien.

"Fisch bring i do", rief draussen eine Stimme. "Der Bub" - rief die Wirtin und öffnete die Küchentüre; "Petrin, wie geht's dem Vater?"

Da -was war das? - über ihr knackte die Holzstiege. Von der Kammer herunter kommt der Petrin, so leise auftretend als möglich. Jetzt steht er vor ihr, der Bub, seine Augen so weit geöffnet und auf sie gerichtet: "Mutter, muss i gehen?"


Der Petrin aber verbarg sich hinter einer Arve, wo ihn niemand sehen konnte, hielt beide Hände vors Gesicht und flennte - so heimwehartig war's ihm zumute.


Der Postillon hatte es eilig. Jetzt musste es sein. Heftig drückte die Mutter die Kinder an ihr Herz und schob sie hastig in den Wagen.


Erst als die Botin auf dem Ofenbänklein behaglich den Kaffeee schlürfte, die Füsse in ein Paar der grossen Finken steckend, die unter dem Bänklein standen, während man ihre nassen Schuhe zum Trocknen stellte, ging man an das Lesen des Briefes.


 
 
...Gruss an alle. Geht's dem Vater besser? Wir beten jeden Tag für ihn.
Eure vielgeliebte Tochter Ursula.

 

Der Geissbub stand noch da, als er mit dem Brief ferig war.


"Welches Stockwerk?" klang es jetzt sehr bestimmt, und vor mir stand der Peter mit etwas finsterem Blick, die Augenbrauen zusammengezogen.


Zu gleicher Zeit ging mit diesem Briefe nach Hamburg eine Postkaarte ins Engadin ab. Da stand mit grossen eckigen Zügen: "'s ist einer hier, der sieht mich an wie die Oberschwester im Spital. Jetzt will er mit mir nach Genua. Juhee! Jetzt han i halt e Freud. Euer Petrin.



"Also hier soll's geschehen sein?" rief der Direktor und riss hastig das Kissen vom Bett. Friedlich lag da ein  Säcklein von grobem Zwilch: dick und voll. "Da ist's ja!" "Ja, da ist's wieder", rief Peterli, schoss darauf los und leerte das Säcklein aus.


"Fort war's Geld doch, aber niemand glaubt mir's" behauptet er steif und fest. "Jetzt sei nicht so störrisch", meinte sie, "geirrt hast du dich halt."


Die blaue Kiste aber mit den zwei roten Herzen und den Blumenkränzchen wartete schon auf sie am Bahnhof.


"Da wär i denn", sagte der Murezzi. "Das seh ich", brummte der Alte. "Eben noch vor dem Zahltag." Mit dem Nötigen? " frug der andere, einen schiefen Blick auf das Säcklein werfend. "Selb denn schon. Gebt mir den Schuldschein heraus, und ich geb Euch s'Geld." Zögernd nistete der Alte in einer Truhe herum. Endlich brachte er den Schein, der zwischen seinen dürren Fingern zitterte wie ein Blatt im Winde.


"So sind unsere Geschäfte erledigt", sagte er zu Sandri...



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