Mittwoch, 30. Januar 2019

LES CONTES DROLATIQUES PAR HONORE BALZAC illustrée par GUSTAVE DORÉ, 1. Teil

Die französische Ausgabe  Les Contes Drolatiques von Honoré Balzac mit den 425 Illustrationen von Gustave Doré erschien 1855.
Es dürfte einsehbar sein, dass wir die 425 Illustrationen nicht alle auf einmal zeigen können, deshalb werden wir sie portionenweise vorstellen. Es sei aber bemerkt, dass einige Bilder wirklich winzig sind, nämlich 2 cm x 2cm.
Die Legenden unter den Bildern gehen auf die deutsche Übersetzung von Walter Widmer zurück. Seine Übersetzung der Tolldrastische Geschichten erschien im Winkler-Verlag, München.



Tolldrastische Geschichten
wie sie in den Abteien und Klöstern der Touraine gesammelt
und ans Licht gebracht  der edle Herr
Honoré de Balzac
zu Ergötzen, Kurzweil und Erbauung aller
derer Pantagruelisten und mitnichten der Banausen 
und griesgrämigen Sauertöpfe





Die schöne Imperia


Der Erzbischof von Bordeaux hatte auf seiner Reise zum Konzil von Konstanz in seinem Gefolge ein bildhübsches kleines Pfäfflein, ein Kind der Touraine.

 
Da geschah es in der Nacht, die seiner Tugendhaftigkeit arg zusetzte, dass der Teufel ihm ins Ohr raunte und ihm zuredete, er solle sich doch ebenfalls Vorräte körbeweise anlegen, sintemal ein jeder aus dem Schosse unser heiligen Nährmutter, der Kirche, schöpfe...




Das arme Pfäfflein wurde halb toll, weil er nicht wusste, wie er sich an diese galanten Elstern heranmachen sollte, die mit den Kardinälen, Äbten, Grossrichtern, Legaten, Bischöfen, Fürsten, Herzogen und Markgrafen ebensowenig Federlesens machten wie mit blutarmen Pfäfflein, die weder Heller noch Pfennig herausrücken konnten.

...so blieb er mit weit offenem Maule  stehen wie ein Hund, der Fliegen schnappt, so sehr schüchterte ihn ihr frisches, keckes Lärvchen ein...

Aber von seinem Verlangen unwiderstehlich umgetrieben, strich er des Abends durch die Strassen und Gässlein von Konstanz...


Ihre Pagen hockten derweil auf den Stiegen und vertrieben sich die Zeit mit Knobeln und Würfelspiel...

Da blieb er sprachlos und völlig verdattert stehn wie ein dieb, der unvermutet seinen Häschern gegenübersteht.

"Wo kommt denn das Rotzbübchen her, dass er nicht einmal weiss, wer die schöne Imperia ist?"

Einen Mann ins bessere Jenseits zu befördern kostete sie nichr mehr denn ein huldreiches Lächeln.

...warf sich in die Brust und verneigte sich vor ihr mit zierlicher Anmut, die sich gar nicht täppisch ausnahm.

...und herein kam der dicke Bischof von Chur, wutschnaubend und keuchend vor Atemnot.

...da erhob sich draussen auf der Strasse ein lautes Pferdegetrappel...

Da stürmte bald danach der Kardinal von Ragusa herein...ein schlauer, langbärtiger Italiener, ein spitzfindiger Klügler und Deutler, der Leithammel des Konzils....

Dieser fasste ihn beim Arm und führte ihn auf die Treppe hinaus, dort glotzte er ihm stier in die Augen...

 Und sie lief behend, leichtfüssig wie eine Bachstelze, in ihre Schlafkammer und verriegelte die Tür. Den Kardinal aber liess sie draussen wettern und toben...

Die lässliche Sünde

Das Schloss La Roche-Corbon-lez-Vouvray an der Loire



Wie der wackere Ritter Bruyn ein Weib freite

...und es war nicht ratsam, mit ihm anzubinden.

So war nun Bruyn just in der rechten Laune, für nichts und wieder nichts um sich zu hauen und zu stechen, dem  ersten besten alle Knochen im Leib entzweizuschlagen und mit einem jeden, der ihm über den Weg lief, Händel vom Zaun zu brechen, um eines strittigen Fliegendrecks willen.

...schlug die ungläubigen Heiden, ohne lange zu fackeln...

Nun legte er ungezählte Städte in Asien und Afrika in Schutt und Asche...

...metzelte Sarazenen, Griechen, Engländer nieder, und wer ihm sonst noch vor die Klinge kam. ohne sich gross darum zu kümmern, ob sie Freund waren oder Feind, noch woher sie kamen.

...gewann Bruyn den Ruf eines gottgefälligen, guten Christen, eines Ritters ohne Furcht und Tadel...

Es lag hoch oben auf einem Hügel, von wo es sich in der Loire spiegelte...


Wenn ihm in seinen alten Tagen von ungefähr sein Amtmann, ein hängesüchtiger Galgenfreund, der immer gleich mit dem hanfenen Strick bei der Hand war...


Die Juden schliesslich piesackte er immer nur dann, wenn die rechte Zeit dazu gekommen war und sie sich mit Wucherzinsen und Geld vollgesogen hatten...

Und wenn er von La Roche-Corbon nach Tours unterwegs war und hoch zu Ross durch die Vorstadt von Sankt Symphorion ritt, sagten die kleinen Gassenmädchen zueiander: "Heute ist Gerichtstag. Der alte Bruyn reitet vorüber."

...wenn sich die fremde Dirne in die Arme der christlichen Religion flüchten und ein gottgeweihtes Lebenn führen wolle, so gebe das eine noch viel weihevollere Zeremonieund ein viel prächtigeres Schaugepränge...

Bruyn aber stand wie verzückt da und starrte auf das liebreizende Fräulein, dessen Füsse sich gleichsam vor dem Fussboden zu fürchten schienen und das so arglos umhertollte und sich seines jungen, siebzehnjährigen Lebens freute wie eine Grille, die ihre Fidel stimmt....

...da strömte von weither das Bauernvolk zusammen und weidete sich am schönen Anblick der schönen braut...

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