Dienstag, 12. Dezember 2017

Goethes REINEKE FUCHS mit Illustrationen von Wilhelm von Kaulbach, 1. Teil



Wilhelm von Kaulbach (1805 – 1874) war ein deutscher Maler, der durch große Wand- und Deckengemälde mit geschichtlichem Inhalt und Literaturillustrationen bekannt wurde.
1839/40 beauftragte ihn der Stuttgarter Verleger Georg von Cotta Johann Wolfgang von Goethes Reineke Fuchs zu illustrieren. Angeregt von William Hogarth und Grandville schuf Kaulbach bis 1847 36 Hauptbilder und zahlreiche Vignetten, die von Hans Rudolf Rahn und Adrian Schleich gestochen wurden. Die verblüffend vermenschlichte Animierung der Tierwelt zeigte Kaulbachs zweite künstlerische Seite, einen Humor, der ihn über seine Berühmtheit als Historienmaler hinaus populär machte.



Wilhelm von Kaulbach







Nobel, der König, versammelt den Hof; und seine Vasallen
Eilen gerufen herbei mit großem Gepränge; da kommen
Viele stolze Gesellen von allen Seiten und Enden,
Lütke, der Kranich, und Markart, der Häher, und alle die Besten.
Denn der König gedenkt mit allen seinen Baronen
Hof zu halten in Feier und Pracht; er läßt sie berufen
Alle miteinander, so gut die Großen als Kleinen.
Niemand sollte fehlen! und dennoch fehlte der Eine,
Reineke Fuchs, der Schelm! der viel begangenen Frevels
Halben des Hofs sich enthielt. So scheuet das böse Gewissen
Licht und Tag, es scheute der Fuchs die versammelten Herren.






Innerhalb unsers Königes Fried und freiem Geleite
Hielt er Lampen gefaßt mit seinen Klauen und zerrte
Tückisch den redlichen Mann. Ich kam die Straße gegangen,
Hörte beider Gesang, der, kaum begonnen, schon wieder
Endete. Horchend wundert ich mich, doch als ich hinzukam,
Kannt ich Reineken stracks, er hatte Lampen beim Kragen;
Ja, er hätt ihm gewiß das Leben genommen, wofern ich
Nicht zum Glücke des Wegs gekommen wäre. 



Als nun Grimbart geendigt, erschien zu großem Erstaunen
Henning, der Hahn, mit seinem Geschlecht. Auf trauriger Bahre,
Ohne Hals und Kopf, ward eine Henne getragen,
Kratzefuß war es, die beste der eierlegenden Hennen.
Ach, es floß ihr Blut, und Reineke hatt es vergossen!
Jetzo sollt es der König erfahren. Als Henning, der wackre,
Vor dem König erschien, mit höchstbetrübter Gebärde,
Kamen mit ihm zwei Hähne, die gleichfalls trauerten. Kreyant
Hieß der eine, kein besserer Hahn war irgend zu finden
Zwischen Holland und Frankreich; der andere durft ihm zur Seite
Stehen, Kantart genannt, ein stracker, kühner Geselle;
Beide trugen ein brennendes Licht; sie waren die Brüder
Der ermordeten Frau. Sie riefen über den Mörder
Ach und Weh! 



Aber nun höret mich an! es währte nicht lange, so kam er
Als ein Klausner und brachte mir Brief und Siegel. Ich kannt es:
Euer Siegel sah ich am Briefe; da fand ich geschrieben:
Daß Ihr festen Frieden so Tieren als Vögeln verkündigt.
Und er zeigte mir an: er sei ein Klausner geworden,
Habe strenge Gelübde getan, die Sünden zu büßen,
Deren Schuld er leider bekenne. Da habe nun keiner
Mehr vor ihm sich zu fürchten, er habe heilig gelobet,
Nimmermehr Fleisch zu genießen.


Schlussvignette zum Ersten Gesang






Braun erreichte das Schloß und fand die gewöhnliche Pforte
Fest verschlossen. Da trat er davor und besann sich ein wenig;
Endlich rief er und sprach: Herr Oheim, seid Ihr zu Hause?
Braun, der Bär, ist gekommen, des Königs gerichtlicher Bote.
Denn es hat der König geschworen, Ihr sollet bei Hofe
Vor Gericht Euch stellen, ich soll Euch holen, damit Ihr
Recht zu nehmen und Recht zu geben keinem verweigert,
Oder es soll Euch das Leben kosten; denn bleibt Ihr dahinten,
Ist mit Galgen und Rad Euch gedroht. Drum wählet das Beste,
Kommt und folget mir nach, sonst möcht es Euch übel bekommen.


Braun befand sich indes in großen Ängsten; die Spalte
Klemmt' ihn gewaltig, er zog und zerrte, brüllend vor Schmerzen.
Aber mit alle der Pein war nichts gewonnen; er glaubte
Nimmer von dannen zu kommen; so meint' auch Reineke freudig.

Schlussvignette zum Zweiten Gesang






Immer wandert' er fort nach Malepartus, da fand er
Vor dem Hause Reineken sitzen, er grüßt' ihn und sagte:
Gott, der reiche, der gute, bescher Euch glücklichen Abend!
Euer Leben bedrohet der König, wofern Ihr Euch weigert,
Mit nach Hofe zu kommen; und ferner läßt er Euch sagen:
Stehet den Klägern zu Recht, sonst werdens die Eurigen büßen.


Sie kamen
Alle, groß und klein, ja selbst der Pater erhub sich,
Warf ein Mäntelchen um; es lief mit doppelten Lichtern
Seine Köchin voran, und eilig hatte Martinchen
Einen Knüttel gefaßt und machte sich über den Kater,
Traf ihm Haut und Haupt und schlug ihm grimmig ein Aug aus.
Alle schlugen auf ihn; es kam mit zackiger Gabel
Hastig der Pater herbei und glaubte den Räuber zu fällen.
Hinze dachte zu sterben; da sprang er wütend entschlossen
Zwischen die Schenkel des Pfaffen und biß und kratzte gefährlich,
Schändete grimmig den Mann und rächte grausam das Auge.
Schreiend stürzte der Pater und fiel ohnmächtig zur Erden.
Unbedachtsam schimpfte die Köchin: es habe der Teufel
Ihr zum Possen das Spiel selbst angerichtet. 



Denn ich lief in die Wohnung des Pfaffen und traf ihn beim Essen,
Und ein fetter Kapaun ward eben vor ihn getragen,
Wohlgebraten; ich schnappte darnach und trug ihn von dannen.
Hastig wollte der Pfaffe mir nach und lärmte, da stieß er
Über den Haufen den Tisch mit Speisen und allem Getränke.



Freilich der Balken war schmal, auf dem wir gingen. Ich ließ ihn
Immer voraus und hielt mich zurück und drückte mich rückwärts
Wieder zum Fenster hinaus und zog am Holze; der Laden
Schlug und klappte, das fuhr dem Wolf in die Glieder und schreckt' ihn;...



 Und als Reineke nun die Buße willig vollendet,
Sagte Grimbart: Lasset an guten Werken, mein Oheim,
Eure Besserung spüren und leset Psalmen, besuchet
Fleißig die Kirchen und fastet an rechten gebotenen Tagen;
Wer Euch fraget, dem weiset den Weg, und gebet den Armen
Gern, und schwöret mir zu, das böse Leben zu lassen,
Alles Rauben und Stehlen, Verrat und böse Verführung,
Und so ist es gewiß, daß Ihr zu Gnaden gelanget.
Reineke sprach: So will ich es tun, so sei es geschworen!



Grimbart schwieg, und Reineke Fuchs verwandte das Haupt nicht
Von den Hühnern, solang er sie sah. Doch endlich gelangten
Sie zur rechten Straße zurück und nahten dem Hofe.
Und als Reineke nun die Burg des Königs erblickte,
Ward er innig betrübt; denn heftig war er beschuldigt.


Schlussvignette zum Dritten Gesang






Und es horchte der König, da von dem Schatze gesagt ward,
Neigte sich vor und sprach: Von wannen ist er Euch kommen?
Saget an! ich meine den Schatz. Und Reineke sagte:
Dieses Geheimnis verhehl ich Euch nicht, was könnt es mir helfen?
Denn ich nehme nichts mit von diesen köstlichen Dingen.
Aber wie Ihr befehlt, will ich Euch alles erzählen,

 Schlussvignette zum Vierten Gesang





Sie beschlossen des Königes Tod, beschworen zusammen
Festen, ewigen Bund, und also schwuren die fünfe
Sämtlich auf Isegrims Haupt: sie wollten Braunen, den Bären,
Sich zum Könige wählen und auf dem Stuhle zu Aachen
Mit der goldenen Krone das Reich ihm festlich versichern.



Da erblickt ich den Vater aus einer Ritze sich schleichen,
Zwischen den Steinen kam er hervor und stieg aus der Tiefe.
Still und verborgen hielt ich mich da; er glaubte sich einsam,
Schaute sich überall um, und als er niemand bemerkte
Nah oder fern, begann er sein Spiel, Ihr sollt es vernehmen.
Wieder mit Sande verstopft' er das Loch und wußte geschicklich
Mit dem übrigen Boden es gleichzumachen.



Lampen rief er darauf, und Lampe zauderte bebend.
Reineke rief. So kommt nur getrost, der König begehrt Euch,
Will, Ihr sollt bei Eid und bei Pflicht, die Ihr neulich geleistet,
Wahrhaft reden; so zeiget denn an, wofern Ihr es wisset,
Sagt, wo Hüsterlo liegt und Krekelborn? Lasset uns hören.

Schlussvignette zum Fünften Gesang



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