Donnerstag, 30. November 2017

Musäus Volksmärchen der Deutschen illustriert von Karl Mühlmeister, 2. Teil




 In einer empfindsamen Stunde ergriff er seine Laute, liess es jedoch nicht wie sonst bei dem blossen Stimmen bewenden, sondern lockte rührende Melodien aus dem harmonischen Saiten hervor...


 ...dass Neta mit ihrer weissen Hand zuweilen das Fenster öffnete, wenn er anfing zu spielen...


Er ging dem alten Herkommen gemäss, gerade vor die rechte Schmiede und entdeckte der Mutter freundnachbarlich seine Absicht auf ihre tugendliche und ehrsame Tochter.


Tief in dem öden Westfalen ritt er an einem schwülen Tage bis in die sinkende Nacht, ohne eine Herberge zu erreichen. Es türmten sich gegen Abend Gewitterwolken auf...


Hinunter war der Sonnenschein, die finstere Nacht brach stark herein, als Franz mit einer Laterne in der Hand vor der Pforte des Schlosses unter Geleitschaft des Wirtes anlangte, der in einem Korbe Lebensmittel trug, nebst einer Flasche Wein, die, wie er sagte, nicht in Rechnung kommen sollte.


"Wir zwei beide", fuhr jener fort, "sind heute die ersten hier auf dieser Brücke gewesen und sind nun auch die letzten..."
       

Mit sehnlichem Verlangen erwartete er nun den Aufgang des Mondes, und als dieser seine Silberhörner durch Gebüsch streckte, begab er sich frisch an die Arbeit, beobachtete alles genau, eas ihm der alte Stelzfuss gelehrt hatte und hob den Schatz glücklich...


Die Nixe des Brunnens


Dieser gefürchtete Mann war aber  daheim, wenn er seine Rüstung abgelegt hatte, fromm wie ein Lamm, gastfrei wie ein Araber, und ein gutmütiger Hausvater und ein zärtlicher Gatte.


Am Fusse des Schlossberges verbarg sich tief im Gebüsche eine ergiebige Felsenquelle, welche in einer natürlichen Grotte entsprang, die nach einer alten Volkssage von einer Brunnennixe bewohnt sein sollte, und die Rede ging, dass sie sich bei sonderbare Ereignissen im Schlosse zuweilen sehen liess.

Das Schloss wurde rein ausgeplündert, in Brand gesteckt und der Erde gleich gemacht.


Am Vorabend des Gastmahls durchzog Frau Gertrud, die unerbittliche Faust mit dem Schlachtmesser bewaffnet, Hühner- und Entenställe und trug des Hausgeflügels Leben und Tod in der Hand.


Als sie Fräulein Mathildens Kammertür bewachte und bei der Eröffnung derselben eine stattlich gekleidete Dame zum Vorschein kam, war ihr Erstaunen so gross, dass sie rücdklings vom Sessel fiel, einen Schenkel ausrenkte und lahm blieb ihr Leben lang.


...und das teuflische Weib schwitzte ohne Verzug ihre schwarze Seele aus.


Der Schatzgräber


 Wenn er aber bei der Mutter so ein feines Stücklein herausfischen wollte, ging's ihm nicht ungestraft hin, sie schalt wegen dieser Unart...

 Als der Specht mit der Wurzel angeflogen kam, wischte Meister Peter hurtig hinter dem Baum hervor und breitete behende den feuerroten Mantel am Boden aus, dass dem Vogel beim Anblick desselben vor Schrecken die Worzel entfiel.


 Am Polterabend vor der Hochzeit karrte ein Mann mit einem Schubkarren zum Tore herein, verzollte ein Fass Brettnägel, die er em Beschauer vorzeigte, fuhr mit seiner Ladung gerades Weges vors Hochzeithaus und pochte an die Tür.
Die Haut schauerte ihm und alle Haare standen ihm zu Berge, da er die steinerne Treppe hinabstieg...




Vater Peter horchte auf, da ihm also sein Lob gepriesen wurde, und wunderte sich, dass der junge Gesell um alle seine häuslichen Verhältnisse so guten Bescheid wusste.


Melechsala 
 


 Er gebot seinen Dienern, ihm zu folgen und ihr Leben so teuer zu verkaufen, als sie könnten.


"Hartnäckuger Franke, warum hast du verheimlicht, welcher Kunst du erfahren seist, da du in den Gitterturm gelegt wurdest? Einer deiner Mitgefangenen hat dich verraten, dass du ein Meister seist der Gärtnerei....


"Grossmächtiger Beherrscher aller Gläubigen, du sollst wissen, dass dein gehorsamer Sklave Tag und Nacht darauf gesonnen hat, etwas Unerhörtes, dergleichen in Ägypten noch nie gesehen worden, aus diesem alten Dattelhain nach deinem Wink und Willen hervorzubringen.


 Darüber erschrak die reizvolle Tochter des Sultans also, dass ihr Angst und Wehe ums Herz ward.


"Soll mir Gott!" flüsterte der Arzt der Oberkämmerin ins Ohr, "mit Ihrer Hoheit steht's schlecht, der Puls zappelt wie ein Mäuseschwanz," und schüttelte, wie schlaue Ärzte pflegen, dabei bedenklich den Kopf...


 ...und schlüpfte eines Abends unter der Gesellschaft  ihres Geliebten, seines getreuen Knappens und des einfältigen Wasserträgers unbemerkt aus dem Palaste...


 Zur Rechten die Gräfin Ottilia mit einem Spiegel in der Hand, dem Sinnbilde ihrer lobwürdigen Klugheit, zur Linken die Sultanstochter mit einer Königskrone geschmückt, und in der Mitte der Graf, auf sein Wappenschild, den gelöwten Leoparden sich lehnend.


Rolands Knappen 
 


Die drei Unglückskameraden flüchteten tief ins Gebirge in unbetretene, wüste Gegenden und schaute nicht rückwärts auf ihrer Flucht.


 
Hocherfreut traten die drei Knappen unter Geleitschaft des entflohenen Hausgenossen hinein, begierig, die Bekanntschaft der Wirtin zu machen. Aber bänglich schauderten sie zurück, als sie ein lebendiges Skelett, ein dürres, steinaltes Mütterchen erblickten; sie trug ein langes Gewand, hielt in der Hand eine Mistelstaude ....


 Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, so regnete es Raspelsemmeln auf den Laken vom Baume herunter, und zugleich stand eine schön bemalte bauchige  Schüssel da mit einem gesottenen Schinken...


Als der Vorschneider die Schüssel aushob und die Glocke abdeckte, verschwand zum Erstaunen aller umstehenden Hofdiener die darinnen verborgene Schleckerei, und die Schüssel war leer und ledig.







Montag, 27. November 2017

Musäus Volksmärchen der Deutschen illustriert von Karl Mühlmeister, erster Teil

Karl Mühlmeister  (1876 - 1942-45?) lebte in München und war Mitglied des Süddeutschen Illustratorenbunds. Die gezeigte Ausgabe von Musäus Volksmärchen der Deutschen illustriert von Karl Mühlmeister erschien 1921.



 Frontispiz






...wie schauderte sie zurück, da ihr ein Haufen  eingeschrumpfter Jammergestalten an Stäben und Krücken entgegenzitterte, mit Keuchhusten beladen, und ohne jede Kraft sich aufrechttzerhalten.

Er sass unter einer schattenreichen Eiche....Kurz darauf erblickte er eine Elster, die auf den Zweigen hin und wieder flog, und ward inne, dass der gelehrige Vogel ihn beim Namen rief.


Zweite Legende

so vernahm er in der Ferne Menschenstimmen. Drei junge Gesellen wanderten durchs Gebirge, und der keckste unter ihnen rief ohne Unterlass: "Rübezahl, komm herab! Rübezahl, Mädchendieb!"


Jetzt verliess den armen Wicht die standhafte Freudigkeit seines guten Gewissens, er bebte zurück vor den Qualen, die seiner warteten.


Wie er von der Leiter gestossen wurde, zappelte er am Strange nach Herzenslust und trieb das Spiel so arg, dass dem Henker dabei übel zumute ward.



Dritte Legende

Oft lähmte er den Reisigen das Ross, dass es nicht aus der Stelle konnte, zerbrach den Fuhrleuten ein Rad oder eine Achse am Wage, liess vor ihren Augen ein abgerissenes Felsstück in einen Hohlweg hinabrollen...


"Erdenwurm," sprach er, "was treibt dich, mich zu beunruhigen?..."


Vierte Legende

"Rübezahl," rief sie, "komm und friss mir den Schreier!" Augenblicks erschien der Geist in der Köhlergestalt, und trat zum Weibe und sprach: "Hier bin ich, was ist dein Begehr?"


Rasch sprang sie auf, lief damit zu ihrer Nachbarin, zeigte ihr den Fund mit grosser Freude, und diese erkannte es für reines Gold,...

...da tummelte Rübezahl seinen Wirbelwind um den Holzstock herum und stürzte mit einem Male den Glaskorb herrunter, dass der zerbrechliche Kram in tausend Stücke zerfiel.


Fünfte Legende

Nach einer langen Pause der Unterredung hielt der Postkutscher die Pferde an, murmelte etwas zwischen den Zähnen und fuhr weiter, hielt nochmals an und wechselte so verschiedentlich. Johann, der seine Augen fest geschlossen hatte, ahnte nichts Gutes, blickte schliesslich auf und sah mit Entsetzen in der Weite eines Steinwurfs vor dem Wagen eine pechrabenschwarze Gestalt daherwandeln, von übermenschlicher Grösse, mit einem weissen spanischen Halskragen angetan, und das Bedenklichste bei der Sache war, dass der Schwarzmantel keinen Kopf hatte.

...als der Schwarzmantel...wieder aus dem Busche hervor an den Weg trat. Da war nun deutlich wahrzunehmen, dass Johann falsch gesehen hatte. Der Wandersmann hatte allerdings einen Kopf, nur dass er ihn  nicht wie gewöhnlich zwischen den Schultern, sondern wie einen Schosshund im Arme trug.

So0 sehr er aber eilte, so schien es doch nicht, als wenn er aus detr Stelle käme, er sah immer die nämlichen Gegenden und Berge vor sich, ob er gleich die Burg, in welcher er ein Gefangener gewesen war, aus dem Gesicht verloren hatte.




Von ungefähr hob seine Augen auf, siehe da! - ein grausam wilder Bär schritt auf ihn zu.


Aber einen Augenblick nachher war das Meerwunder über Wasser, sperrte einen abscheulichen Rachen gleich der Höllenpforte auf, und aus dem finstern Schlunde schallten, wie aus einem  unterirdischen Gewölbe, vernehmlich diese Worte hervor: "Kühner Fischer, was beginnst du hier?..."


...und machte sich mit seinem Schwert einen Weg durch den Busch....

 
Dennoch erreichte er das Ufer nicht eher als mit hereinbrechender Nacht.




Das edle Paar tappte lange im Dunkel, ehe sie sich aus diesen Irrgängen herausfanden und des Tages Schimmer durch den fernen Eingang einer unförmlichen Felsenhöhle hereindämmern sahen.